Die Gerechten und ihre „Millionäre“

Der Millionärssteuer-Kompromiss wird Grundsteuer heißen. Wetten?

Ein echt harmonisches Bild haben sie geboten, der Bundes- und der Vizekanzler Dienstagabend im ORF-Report: Selbst bei der Vermögensteuer, von vielen Kommentatoren in letzter Zeit als Sollbruchstelle der Koalition festgemacht, herrschen Friede, Freundschaft, Eierkuchen.

Man werde schon irgendwie zusammenkommen, dafür seien Verhandlungen ja da, meinte sinngemäß der Bundeskanzler. Seine ÖVP habe sich ja nur gegen eine „klassische“ Vermögensteuer ausgesprochen, so der Vize.

Damit keiner das Gesicht verliert, wird also Folgendes gesucht: Eine Vermögensteuer (1:0 für die SPÖ), aber keine „klassische“ (1:1). Sie muss das Potenzial von gut einer Milliarde haben (2:1), aber es darf keine neue Steuer sein (2:2).

Gibt es so etwas? Eigentlich schon: die Grundsteuer. Und man kann wetten, dass die beim Koalitionskompromiss eine größere Rolle spielen wird. Zumal es die (im Gegensatz zum Auslaufmodell „klassische Vermögensteuer“) fast überall gibt und diese auch so gut wie überall deutlich höher liegt als in der Alpenrepublik.

Eine Millionärssteuer ist das allerdings nicht, und mit „Gerechtigkeit“ hat sie schon gar nichts zu tun. Denn hierzulande hat man eine GrundsteuerA für Agrarflächen und eine Grundsteuer B für den Rest. Erstere bringt für annähernd 85Prozent der Landesfläche derzeit 26 Mio. Euro im Jahr, Letztere für die restlichen 15 Prozent 625 Millionen.

Die großen Güter und Eigenjagden der von der SPÖ verfolgten „Millionäre“ fallen, Bingo, überwiegend in die günstige Grundsteuer A. Einer signifikanten Erhöhung dieser Steuer, die ja auch alle kleinen Bauern treffen würde, kann die ÖVP wohl nur zustimmen, wenn sie politischen Suizid plant.

„Pecken“ werden die Milliarde also die Zahler der GrundsteuerB, im Wesentlichen also Einfamilienhausbesitzer und die Mieter, denen das über die Betriebskosten weiterverrechnet wird. Und man wird ihnen auch noch einreden können, dass jetzt „Gerechtigkeit“ herrscht, weil wir ja endlich eine ordentliche Steuer auf Vermögen haben. Win-win nennt man das, so traurig es klingt.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.12.2014)

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