Der Krampf mit dem Pensionsalter

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Wenn es um Pensionen geht, werden wir oft ganz schön verschaukelt.

Verantwortungslos“ nannte Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek neulich die vorzeitige Angleichung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters der Frauen an jenes der Männer. Darüber kann man jetzt durchaus diskutieren. Aber erst, nachdem sich der Lachkrampf ob dieser Aussage gelegt hat.

Denn es gibt eine Gruppe von Arbeitnehmern, bei der diese Angleichung schon vollzogen ist, in der also auch Frauen bis zum 65.Lebensjahr „hackeln“: die Bundesbeamten. Nur so zur Erinnerung: Frau Heinisch-Hosek war von 2008 bis 2013 Beamtenministerin. Und auch in ihrem aktuellen Betätigungsfeld ist die Angleichung bei beamteten Bundes- und Landeslehrern längst Realität.

Ganz schön verantwortungslos also, die Dame, wenn man ihre Kriterien auf ihren eigenen Wirkungsbereich anwendet. Oder hält sie uns nur für bescheuert und glaubt, dass wir diese besondere Form von Wasser predigen und Wein trinken nicht mitbekommen?

Die scheint in Sachen Pensionen freilich politischer Mainstream zu sein. Soeben haben wir ja freudig erfahren, dass das durchschnittliche Regel-Pensionierungsalter bei den Eisenbahnern auf 59,4 Jahre gestiegen ist. Sehr fein, da tragen die, wir sagen das ganz ohne Ironie, durchaus ambitionierten Bemühungen des ÖBB-Chefs also Früchte.

Freilich: Das trifft nur für jede fünfte ÖBB-Pensionierung zu. 80Prozent gehen nämlich krankheitshalber in den Ruhestand, und zwar im Schnitt um sieben Jahre früher. Das Gesamtbild sieht also doch ein wenig anders aus. Auch dann, wenn man berücksichtigt, dass es kaum noch regulär zu pensionierende Eisenbahner gibt, weil die Vorgänger des Herrn Kern mit der „betriebsbedingten Pensionierung“ von 50-Jährigen massenhaft Personal abgebaut haben.

Eine so hohe Rate an „Invaliden“ gibt, wenn man noch dazu die innerbetrieblichen Widerstände gegen Wiedereingliederungsprogramme kennt, doch zu denken. Übrigens noch mehr bei der Gemeinde Wien, wo ja seit Jahren um die 50Prozent aller Pensionierungen gesundheitshalber erfolgen.

Wenn wir davon ausgehen, dass es die von bösartigen Zeitgenossen gelegentlich behauptete Allianz von Betriebsräten und Vertrauensärzten nicht gibt, dann sollte man dort dringend einmal das Arbeitsinspektorat vorbeischicken. Denn dann müssen dort ja ziemlich unmenschliche Arbeitsbedingungen herrschen.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.03.2015)

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