Vorauszahlung auf die nächste Steuerreform

Die kalte Progression wütet weiter auf den Lohnzetteln.

Wir wollen hier nicht den Permanent-Raunzer spielen und auch einmal das Positive an der Steuerreform hervorheben: Die Lohnsteuer-Tarifreform ist wirklich gelungen. Der absurd hohe Einstiegssteuersatz, der mit 36,5 Prozent nicht weit vom amerikanischen Höchstsatz entfernt war, ist Geschichte.

Der Steuerverlauf ist jetzt besser der Lohnkurve angepasst. Und unterm Strich wird den meisten sogar wirklich mehr im Börserl bleiben. Vorausgesetzt, die berühmte Gegenfinanzierung erweist sich nicht als der erwartbare Flop und führt schnurgerade ins nächste Belastungspaket.

Neben dem neuen Höchststeuersatz, der außer einem Imageschaden für den Wirtschaftsstandort nicht viel bringt, trübt aber noch ein großer Wermutstropfen das positive Bild: Die Steuerstufen wurden wieder nicht indexgebunden. Die kalte Progression wütet also weiter auf den Lohnzetteln.

Die entsteht bekanntlich dadurch, dass Lohnsteuerzahler allein durch Inflationsabgeltungen in Steuerstufen rutschen, die für sie nicht gedacht waren und die auch nicht ihren inflationsbereinigten Realeinkommen entsprechen. Nach Berechnungen der Agenda Austria hat der Finanzminister dadurch von der letzten Tarifanpassung 2009 bis zum Inkrafttreten der jetzigen Reform Anfang 2016 kumuliert rund 11,5 Mrd. Euro zusätzlich lukriert.

Anders gesagt: Die Steuerbürger haben 11,5Mrd. Euro zu viel bezahlt, jetzt bekommen sie das über mehrere Jahre mit großer Geste zurückerstattet.

Die kalte Progression ist also nichts anderes als eine Vorauszahlung auf die jeweils nächste Steuerreform. Sehr angenehm für den Staat. Er bekommt von seinen Bürgern sozusagen zinsenlos Kredit – und kann die Teilrückzahlung auch noch als „Entlastung“ verkaufen.

Diesen für Steuerzahler teuren Unfug zu beseitigen ginge sehr einfach: Mit einem einzigen zusätzlichen Satz im Einkommensteuergesetz. Erfahrung hat die öffentliche Hand mit der Indexierung ja schon, denn sehr viele Gebühren sind, beispielsweise in Wien, schon an die Inflationsrate gekoppelt. Das wäre wirklich eine Reform – und nicht nur eine Steuerrückvergütung.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.03.2015)

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