Den politischen Anstand im See versenkt

Der unappetitliche Kärntner Seendeal gehört rückabgewickelt.

Beim unappetitlichen Korruptionsfall Kärntner Seendeal scheint ja doch alles mit rechten Dingen zugegangen zu sein: ÖGB, BZÖ und FPÖ haben ihre Buchhaltungen durchforstet und keinerlei Hinweise auf Schmiergeld gefunden. Ehrlich!

Man darf sich Korruption in Österreich also ungefähr so vorstellen: Eine Geldbotin erscheint mit einem Schmiergeldkuvert beim Landeshauptmann. Er übergibt das seinem Parteikassier. Dieser verbucht das und stellt einen Eingangsbeleg aus, der sorgfältig abgeheftet wird: „700.000 Euro erhalten. Zahlungsgrund: Schmiergeld für Seenkauf.“

So läuft das doch, oder? Wenn nicht, dann hätte man uns mit Hinweis auf die durchforstete Buchhaltung nämlich ganz ordentlich verhohnepipelt.

Die Fakten, die auf dem Tisch liegen, sind ja ziemlich eindeutig: Fest steht, dass das Land Kärnten dem ÖGB und der Bawag Seeimmobilien zu einem weit überhöhten Preis abgekauft hat und dass dabei auch weit überhöhte Verkaufsprovisionen geflossen sind. Fest steht auch, dass von dieser überhöhten Provision rund 700.000 Euro mittels Scheinrechnung „herausgelöst“ und in bar zu Jörg Haider nach Kärnten transferiert wurden. Gutachten beziffern den Schaden für die Steuerzahler mit 23 Millionen Euro.

Ebenso steht aber auch fest, dass keiner der Beteiligten auch nur den Anflug von schlechtem Gewissen zeigt. Wirklich unerträglich ist aber das Faktum, dass Unschuldsvermutete aus dem damaligen Deal weiterhin unbehelligt in hohen und höchsten Gremien der Republik – etwa in der niederösterreichischen Landesregierung oder im Bundesrat – sitzen. Nach dem abgeschmetterten Misstrauensantrag gegen die Geldbotin Kaufmann-Bruckberger in St. Pölten muss man jedenfalls konstatieren: Metternich hatte unrecht. Der Balkan beginnt eindeutig nicht beim Wiener Rennweg, sondern wesentlich weiter westlich.

Die laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sind die eine Sache. Die hierzulande unpopuläre politische Hygiene die andere: Sie gebietet, dass dieser Deal rückabgewickelt wird und die Beteiligten aus wichtigen politischen Funktionen entfernt werden.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.03.2015)

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