Herr Keynes und die schwäbische Hausfrau

Unsere Budgetnöte sind Resultat des praktizierten Pseudo-Keynesianismus.

Der Chefökonom der Arbeiterkammer, Markus Marterbauer, hat neulich die Regierung aufgefordert, endlich wieder mehr auf Pump zu investieren. 2,4Prozent Fehlbetrag im Budget seien ja so gut wie kein Defizit, zumal mehr als die Hälfte ein Einmaleffekt aus der Hypo/Heta-Pleite sei.

Jetzt einmal davon abgesehen, dass im kommenden Jahr der nächste „Einmaleffekt“ aus einer nur rudimentär gegenfinanzierten Steuerreform droht, wir den Budgetpfad also ohnehin längst verlassen haben: Da hat sich wieder einmal einer jener Keynesianer zu Wort gemeldet, die die Lehre des Altmeisters ganz schön verhunzen.

Baron Keynes, ein britischer Liberaler, hat seine Idee von der Staatsintervention ja sehr klug begrenzt: In der Krise sollte der Staat auf Pump investieren und so dem Abschwung die Spitze nehmen. Im Boom sollten die dabei aufgelaufenen Schulden wieder abgebaut werden. Angestrebt wird also ein ausgeglichener Haushalt über den Konjunkturzyklus. Keynes war demnach offenbar ein Anhänger der von seinen Jüngern so verachteten schwäbischen Hausfrau: „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not.“


Ausgeglichener Haushalt heißt Budgetüberschüsse in Boomjahren. Da es so etwas bei uns seit den Sechzigerjahren nicht mehr gegeben hat, sind nur zwei Schlüsse zulässig: Entweder wir stecken seit 45 Jahren in einer Dauerkrise – oder die seither werkenden Keynesianer im Geiste haben ihren Guru aber so was von nicht verstanden.

Dieses Nichtverstehen manifestiert sich in einem Staatsschuldenstand, der uns trotz Niedrigstzinsen acht Mrd. Euro im Jahr kostet. Diese acht Milliarden gehen via Staatsanleihenzinsen an die „Reichen“ und an institutionelle Finanzanleger, stehen für krisenbedingte Staatsinvestitionen somit nicht zur Verfügung.

Der alte Keynes würde wohl heftig im Grab rotieren, wenn er wüsste, was seine Jünger aus seiner Idee eines kontrollierten Staatsintervenismus gemacht haben. Das aber kann man Ökonomen, die es schon für neoliberale Austeritätspolitik halten, wenn der Staat in einem Jahr nur 7,9 Milliarden mehr ausgibt, als er einnimmt, nur schwer begreiflich machen.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.04.2015)

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