Im Sinn eines Rechtsstaats ist das nicht

Im Hypo-Skandal wollen offenbar viele vieles nicht so genau wissen.

Eigentlich sollte man sich das Verfolgen des Hypo-Untersuchungsausschusses ja ersparen. Schon wegen des Blutdrucks, der schnell in gesundheitsgefährdende Regionen schnellt, wenn man hört, wofür wir jetzt da zahlen müssen.

Zwischendurch ist es allerdings auch recht lehrreich. Gestern beispielsweise war ein Controller der ehemaligen Kärntner Bank im parlamentarischen Untersuchungssauschuss. Also ein im Vergleich zu den Machern relativ kleines Licht. Der gab unter anderem zu Protokoll, er habe schon 2006 „bei einem Bier“ mit Wirtschaftsprüfern einer Hypo-Tochter die Ansicht geäußert, die Bank werde spätestens 2009 pleite sein. Und er habe mit dieser durchaus begründeten Ansicht auch vor Hypo- und Landesholding-Managern nicht hinter dem Berg gehalten.

Was soll man sagen: Der Mann hatte schlicht recht. 2009 war übrigens das Jahr, in dem die Nationalbank (gegen besseres Wissen ihrer eigenen Bankenprüfer, die sich darüber in internen E-Mails lustig machten) die Bank, die ganz offensichtlich pleite war, als „not distressed“ einstufte. Konsequenzen für die Schönbeter gab es, ganz nebenbei, keine.

Die sind im größten Bankenskandal der Zweiten Republik überhaupt rar. Man hat den Eindruck, dass viele vieles nicht so genau wissen wollen. Wie sonst wäre es möglich, dass Sachverhaltsdarstellungen an die Staatsanwaltschaft wie die im nebenstehenden Artikel beschriebene so stoisch hingenommen werden und ohne bemerkbare Reaktionen bleiben.

Womit wir bei einem der größeren Probleme der Strafverfolgung solcher White-Collar-Geschichten sind: Es ist vollkommen unmöglich, in einer relativ kleinen Stadt wie Klagenfurt so heikle Ermittlungen gegen Mitglieder der Society von der lokalen Staatsanwaltschaft durchführen zu lassen. Selbst wenn die alles richtig macht, bleibt der Beigeschmack, dass die Ermittler auch nur Menschen sind, die noch eine Weile in ihrer Umgebung leben wollen. Vor allem wenn offensichtlich mit ziemlich dicken Handschuhen gearbeitet wird. Im Sinn eines funktionierenden Rechtsstaats ist das nicht.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.06.2015)

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