Herr Kaske und der üble „Familientrick“

Seltsam, dass die AK auf ihre eigenen Zwangsmitglieder losgeht.

Arbeiterkammer und Gewerkschaft haben sich wieder einmal durchgesetzt: Sie haben erfolgreich das „Familiensplitting“ aus der Grunderwerbsteuerregelung im Erbschaftsfall herauslobbyiert. Konkret heißt das, dass bei der Vererbung einer Immobilie, die einem Paar je zur Hälfte gehört, nicht zwei Erbfälle eintreten, sondern dass das zu einem Erbfall zusammengezogen wird.

Das klingt harmlos, macht bei dieser „Erbschaftssteuer light“ wegen des im unteren Bereich gestaffelten Steuertarifs aber eine schöne Stange Geldes aus. Bei einer 480.000 Euro teuren Immobilie etwa wären im Fall des Splittings 2400 Euro fällig. Ohne sind es mit 7050 Euro fast drei Mal so viel.

Gut, der Staat braucht Geld, und 7050 Euro sind nicht die Welt. Aber dieses Stopfen eines vermeintlichen Steuerschlupflochs („Familientrick“ hat das ein AK-Bonze genannt) ausgerechnet durch die Arbeitnehmerorganisationen ist schon ein wenig pikant: Hauptbetroffene sind nämlich wohl in ziemlich hohem Maße Zwangsmitglieder der Kammer selbst.

Für die Erben einer Zehn-Millionen-Villa in den Grinzinger Weinbergen macht die Differenz zwischen Splitting und Gesamtbesteuerung prozentuell nämlich nicht viel aus. Ein Klacks aus der Portokasse. Bei Immobilien in der Kategorie von 350.000 bis 800.000 Euro kann die Gesamtbesteuerung aber durchaus ein Mehrfaches des Splitting-Modells erreichen.

Der untere Wert entspricht übrigens einer mittleren Neubau-Eigentumswohnung in Wien. Der obere einem nicht unbedingt luxuriösen Häuschen am Wiener Stadtrand. Vielfach von Leuten bewohnt, die sich diese Immobilie heute (wegen der Preisexplosion der vergangenen Jahre) gar nicht mehr leisten könnten. Typische „Middle Class Neighborhoods“ eben, deren Bewohner in sehr hohem Ausmaß Zwangsbeitragszahler jener Arbeiterkammer sind, die ihnen hier „Familientricks“ unterstellt.

Das sind also die sagenhaften „Reichen“, gegen die die Herren Kaske, Foglar & Co. mit solcher Verve anreiten! Jedes Land hat wohl die Interessenvertreter, die es verdient.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.06.2015)

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