Fremde bleiben bei uns fremd – wen wundert es?

Nur wer sich willkommen fühlt, integriert sich auch.

Es geht um Ausländer! Also schnell alle Emotionen verbannen, davon gibt es bei diesem Thema schon mehr als genug. Die Integration funktioniert nicht, heißt es in Österreich. Danke, OECD-Leute, dass ihr uns zwingt, über den Tellerrand zu schauen. Siehe da: Integration kann sehr wohl funktionieren, und in der Ersten Welt tut sie das insgesamt auch. Ein Indikator bringt die Tragik auf den Punkt: Es geht um die zweite Generation. Im Schnitt der Staaten hat sie gut Fuß gefasst: Sozial Chancenlose gibt es unter ihr nicht mehr als unter der „einheimischen“ Jugend.

In Österreich aber, da klaffen die Anteile weit auseinander. Ach, winken viele ab: Die Kanadier und Australier lassen halt nur die Besten rein! Oder: Die Migranten in England, Frankreich und Spanien sprechen schon die Landessprache, na klar geht es dann leichter! Alles wahr. Nur was bitte ist mit Deutschland? Gleiche Sprachhürde, gleich wenig Steuerung, ähnliche Herkunftsländer. Aber beim großen Nachbarn ist die zweite Generation angekommen, bei uns nicht. Ein Rätsel? Nein, ein großes Ärgernis. Für Österreich sticht nämlich ein Unterschied heraus: In fast keinem anderen Land fühlen sich Migrantenkinder so diskriminiert wie hier. Sie sind und bleiben Fremde. Vielleicht täte es uns ganz gut, wenn wir uns dazu ein paar Emotionen erlaubten.

karl.gaulhofer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.07.2015)

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