Bitte arbeiten, statt nur zu keppeln

In der Pensionsfrage machen die Sozialpartner keinen guten Eindruck.

Das effektive Pensionsantrittsalter ist wieder um ein paar Monate (also viel zu wenig) gestiegen – und das hat gestern zu den erwartbaren Reaktionen geführt: Die Wirtschaftskammer will mehr Tempo bei der Anhebung des Antrittsalters und wirft dem Sozialminister statistische Tricks vor. Die Arbeiterkammer findet wiederum, dass das System ohnehin toll funktioniert, verlangt aber mehr Arbeitsplätze für Ältere.

Nicht, dass die beiden im Kern (und aus der jeweiligen Sicht ihrer Klientel) unrecht hätten. Aber das Pensionssystem hat ein absehbares Finanzierungsproblem, und das löst man nicht mit tagespolitischer Keppelei, sondern, wie es früher bei Sozialpartnern angeblich Usus gewesen sein soll, durch gemeinsame Arbeit.

Man muss halt einmal eingestehen, dass die Konstruktion des hiesigen Pensionssystems nicht darauf ausgelegt ist, dass man fast ebenso lang Pension genießt, wie man vorher ins System eingezahlt hat. Das Antrittsalter muss also eher rasch in die Gegend der gesetzlichen 65 Jahre kommen. Da könnten die Arbeitnehmervertreter ruhig weniger bremsen.

Da wäre es auch hilfreich, einmal die größten Systemwidrigkeiten (etwa das immer noch sehr niedrige Antrittsalter bei der Gemeinde Wien oder bei der Bahn, wo ja so gut wie niemand in die reguläre Alterspension geht) zu beseitigen. Und auch das versicherungsmathematisch völlig unsinnige niedrigere Frauenpensionsantrittsalter (das sich ohnehin als Armutsfalle entpuppt) schnell anzuheben. Bei den Bundesbeamten ist das ja schon geschehen – und dort ist deshalb nicht die große soziale Katastrophe ausgebrochen.

Dazu braucht man aber auch die entsprechenden Arbeitsplätze. Und da ist uns leider die Wirtschaft die entsprechenden Antworten (die in anderen Ländern durchaus schon erarbeitet worden sind) schuldig. Wenn schon mehr als ein Drittel aus der Arbeitslosigkeit in die Alterspension gehen, dann ist das eben auch ein Armutszeugnis. Eine Lösung des Problems erfordert mehr als ein paar legislative Hürden für die Frühpension: Da geht es um Kollektivverträge, Lohnkurven, Arbeitszeitmodelle und Bewusstseinsbildung gegen Alterseinstellungslimits.

Klassische Arbeit für die Sozialpartner eben. Und die sollten sie jetzt auch ernsthaft gemeinsam leisten, statt uns mit parteipolitischen Keppeleien zu belästigen.

Emails an: josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.07.2015)

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