Die Vettern und ihr tiefer Wohnbausumpf

Die Wohnbauförderung braucht dringend eine Radikalreform.

Korruption und Vetternwirtschaft seien Phänomene, um die sich vorwiegend die griechische Regierung kümmern müsste, meinen Sie? Da kennen Sie das Umfeld des geförderten Wohnbaus, speziell des parteinahen „gemeinnützigen“ Wohnungswesens in unserer Alpenrepublik noch nicht!

Was da jetzt im Vorfeld des Wiener Wahlkampfs aus einem ziemlich streng riechenden Sumpf aufblubbert, ist wirklich sehenswert: Ein Geschäftsführer einer „Gemeinnützigen“ etwa, der in seinen geförderten Bauten Penthouses sammelt, wobei er die nicht gerade ungünstigen Kaufverträge praktischerweise gleich mit sich selbst abschließen kann. Oder ein Chef eines gemeinnützigen Bauträgers, der in einer seiner Tochter zugeschanzten Wohnung seines Bauträgers privat eine Immobilienentwicklungsfirma betreibt, die wiederum mit seinem Bauträger in Geschäftsverbindung steht (er könnte sich theoretisch also sozusagen selbst gegen Honorar beraten) und so weiter.

Alles natürlich mit den nötigen Genehmigungen versehen, supersauber und ganz legal. Ein bisschen schief ist die Optik halt, wie in ersterem Fall selbst der Aufsichtsrat konstatiert. Aber mein Gott: Wozu hat man denn Freunde?


Das Schlimme daran: Das ist keineswegs eine Wiener Spezialität. Der überwiegend rot-schwarze Wohnbausumpf, in dem hunderte Millionen an Steuerzahlergeld intransparent verbraten und teilweise wohl auch abgezweigt werden, erstreckt sich in unterschiedlicher Intensität über die ganze Republik.

Das ist unerträglich. Hier gehört ordentlich hineingefahren, auch wenn das durch die enge Parteienverflechtung schwierig ist. Die österreichischen Arbeitnehmer drücken im Jahr fast eine Milliarde Euro an Wohnbauförderungsbeitrag ab. Dieses Geld gehört endlich zweckgebunden (damit es nicht, wie auch nicht unüblich, den Ländern als Spielgeld für schlechte Finanzspekulationen dienen kann) und dem parteinahen Wohnbausumpf entzogen. Etwa durch eine radikale Umstellung von Objekt- auf Subjektförderung. Damit jene das Geld bekommen, für die es gedacht ist: die Wohnungswerber.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.07.2015)

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