Durch den Semmering ins Finanzloch

Haben Politiker und Beamte wirklich keine Finanzverantwortung?

Unangenehme Nachrichten hatte der Vorsitzende des Verkehrssausschusses des EU-Parlaments, Michael Cramer, neulich für Österreich: Nach der ersten Ausschreibungsrunde für die Förderung der EU-Infrastruktur sehe es so aus, als würde die EU zum Bau des Koralmtunnels nur 13 Prozent und zum Semmeringtunnel gar nichts zuschießen.

Nicht lustig, denn die heimische Tunnellobby, von der damaligen Infrastrukturministerin Doris Bures abwärts, hat uns ja immer 30 Prozent EU-Zuschuss für alle Tunnel auf der echt total wichtigen baltisch-adriatischen Verkehrsachse in Aussicht gestellt. Mindestens.

Wir halten hier also für die Zukunft einmal fest, dass die Tunnel für die österreichischen Steuerzahler soeben um rund zwei Mrd. Euro teurer geworden sind. Nur für den Fall, dass dann niemand mehr etwas davon wissen will.

Politiker neigen ja dazu, Verantwortung wegzuschieben. Wenn das nicht funktioniert, machen sie gern auf „Dörfler-Syndrom“: Man könne nicht für etwas verantwortlich gemacht werden, wovon man keine Ahnung hat.


Letztere Strategie probiert jetzt das Land Salzburg aus: Das verklagt wegen seiner Spekulationsverluste die liechtensteinische „Fürstenbank“ LGT. Die habe Spekulationsgeschäfte mit den Salzburgern illegal abgeschlossen, weil sie hätte wissen müssen, dass das Land solche Spekulationen gar nicht eingehen darf.

Ja eh, hätte sie wissen müssen. Und die Beamten und Politiker des Landes Salzburg, die hier Millionen verzockt haben, nicht? Hier begibt sich ein Bundesland, das mit Milliarden an Steuergeldern hantiert, argumentativ auf die Ebene eines armen Sparbuchmutterls, das von einem gewissenlosen Anlagebetrüger über den Tisch gezogen wurde.

Kann sein, dass das wirklich so ist. Dann ist aber Feuer auf dem Dach. Denn wie gesagt, die Leute, die hier fuhrwerken, tun das mit unserem Steuergeld. Wenn sie wirklich die ahnungslosen Pflaumen sind, als die sie sich hier selbst präsentieren, dann gehört ihnen schleunigst die Geschäftsfähigkeit entzogen. Da hört sich dann wohl jeder finanzielle Föderalismus auf.

Emails an: josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.07.2015)

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