Stimmungstöter Hartz IV

Österreich solle sich an Deutschlands Hartz-IV-Reformen ein Beispiel nehmen, forderte Finanzminister Hans Jörg Schelling. Hartz IV! Mit diesen Worten war der Vorschlag eigentlich schon wieder tot. Kaum eine Reform ist in der Öffentlichkeit so verhasst wie diese: Schlagworte wie Hartz-Horror, Lohn-Dumping, Ein-Euro-Jobs und Zwangsarbeit für Arbeitslose sind sofort wieder im Gedächtnis. Der Beißreflex der Nation ist aktiviert, kein sinnvolles Gespräch mehr möglich.

Schade eigentlich. Dass Hartz IV den Deutschen auch geholfen hat, wirtschaftlich auf die Beine zu kommen, scheint vergessen. Österreich steht noch besser da als der kranke Mann Europas damals. Nachdenken, warum Österreich der Eurozone wirtschaftlich nachläuft, die Arbeitslosigkeit auf Rekordniveau verharrt und immer mehr Menschen nicht mehr in den Job zurückfinden (180 Prozent mehr Langzeitarbeitslose im Juni), müssen wir allemal.

Ob all das durch ein wenig straffere Sozialhilfe gelöst wird, ist eine andere Frage. Vielleicht müssten ja doch die Unternehmen in die Stimmung versetzt werden, mehr Jobs zu schaffen (Stichwort Lohnnebenkosten). Die Stimmungstöter-Parole „Hartz IV für Österreich“ hilft da wenig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.07.2015)

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