Die seltsame Sicht des Herrn Spindelegger

Wir wollen als Hypo-Zahler nicht auch noch verhöhnt werden.

Dass wir in Sachen Hypo/Heta unaufhaltsam auf den Maximalschaden für die Steuerzahler zusteuern, wissen wir nicht erst seit gestern. Dass wir dabei von beteiligten politischen Akteuren auch noch verhöhnt werden, geht jetzt aber wohl eine Spur zu weit.
In diese Kategorie fällt etwa die Aussage des früheren Finanzministers Michael Spindelegger, sein jetzt vom Verfassungsgerichtshof gekipptes Hypo-Sanierungsgesetz habe einen „positiven Effekt“ gehabt, weil es ja verhindert habe, dass „akut“ Steuergeld nachgeschossen werden musste.
Ja, eh. Es ist dem Kurzzeit-Finanzminister damals gelungen, ein ganz reales Finanzloch mithilfe eines verfassungswidrigen Gesetzes an seinen Nachfolger weiterzuschubsen. Eine im Hypo-Skandal nicht ganz unbekannte Vorgangsweise. Die Aussage erinnert allerdings ein bisschen an den Optimisten, der vom Hochhaus stürzt und beim Vorbeiflug am fünften Stock erleichtert feststellt, dass bisher ja noch gar nicht viel passiert sei.

Aber lassen wir das. Herr Spindelegger hat ja jetzt eine neue Aufgabe. Und politische und sonstige Verantwortung über den Rücktritt hinaus gibt es in diesem Land nicht.
Wenden wir uns lieber dem drohenden „Totalschaden“ zu. Kann man den beziffern? Nicht exakt, denn „akut“ sind wir ja noch ein paar Monate durch das Zahlungsmoratorium der Heta geschützt. Unterm Strich wird aber Folgendes bleiben: 5,5 Mrd. Euro sind schon weg, weitere fünf Milliarden haben die Bayern (zu Recht, denn sie waren am Fiasko ja mitbeteiligt) verloren. Sieben Milliarden Euro fehlten zuletzt in der Bilanz der Heta. 1,2 Mrd. Euro kommen aus dem Bayern-Vergleich dazu, ein bis zwei weitere Milliarden könnten noch aus dem verkauften Osteuropa-Netzwerk schlagend werden.
„Akut“ muss die Heta jetzt zudem 800 Millionen (mit Zinsen unterdessen fast 900), die sich Spindelegger „erspart“ hat, rückbuchen. Dass die Gläubiger bei aufrechter Kärnten-Haftung über zehn Milliarden jetzt freudig Schuldenschnitten zustimmen werden, wie der Grüne Werner Kogler optimistisch meint, ist eher auch nicht rasend wahrscheinlich.
Unterm Strich werden die Kärntner Freiheitlichen mit ihren rot-schwarzen Helfershelfern uns Steuerzahlern also wohl mindestens 15 Mrd. Euro an Hypo-Schaden eingebrockt haben. Und der wird am Ende des Tages wirklich „akut“. Aber das muss Herrn Spindelegger nicht mehr kratzen.

josef.urschitz@diepresse.com

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