Was macht die Troika am Ballhausplatz?

Der österreichische Reformstau sieht verdammt griechisch aus.

Was wäre, wenn die gefürchtete Troika mit der Reformliste, die sie neulich den Griechen aufgedippelt hat, nicht in Athen, sondern in Berlin oder Wien einfallen würde? Die Kollegen von Spiegel Online haben das gestern für Deutschland durchgespielt. Und das Ergebnis war einigermaßen ernüchternd: Die Reformagenda, die zu Recht von den Griechen verlangt wird, steckt selbst in Deutschland weitgehend im Reformstau.

Und wenn die Troika nach Wien weiterzieht? Schauen wir uns einmal an, wozu sich die Griechen jetzt verpflichtet haben: Angleichung der Mehrwertsteuersätze, erleichterter Zugang zu geschützten Gewerben, Liberalisierung des Apothekenmarkts, Ende der Frühpensionierungen, Angleichung der Beamtenpensionen an die des gemeinen Fußvolks, Rente erst mit 67, umfassende Entbürokratisierung der Verwaltung, volle Transparenz bei der Parteienfinanzierung.

Kommt Ihnen alles aus ergebnislosen innerösterreichischen Reformdiskussionen bekannt vor? Wie wäre es dann damit: generelle Ausweitung der Ladenöffnungszeit auf Sonntag. Oder: Privatisierung der restlichen Staatsanteile an Telekom und Post.

Man sieht: Die Probleme, die den Abstieg Griechenlands mitverursacht haben, sehen verdammt österreichisch aus. Der hiesige Rechnungshof hätte seine 599 Reformvorschläge ohne große Umarbeitung genauso gut in Athen präsentieren können. Der Unterschied ist der: In Griechenland wird die Troika zumindest für deren teilweise Umsetzung sorgen. Griechenland wird also möglicherweise bald ein wesentlich modernerer Staat als die Alpenrepublik sein.

In einem Punkt können wir derzeit aber mithalten: Die Troika verlangt von den Griechen die Privatisierung von unrentablen Regionalflughäfen. Eine Forderung, die von den hiesigen Landeshäuptlingen bisher als Sakrileg angesehen wurde.

Jetzt wird aber Kärnten den Klagenfurter Flughafen privatisieren. Aus Geldnot, denn das Pleiteland kann sich die Sanierung der Piste nicht leisten. So funktioniert das bei uns: Ohne Sachzwang geht gar nichts. Vielleicht sollten wir die Troika doch bald ins Land bitten.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.08.2015)

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