Was ist nur mit „Corporate Germany“ los?

Ein paar Konzerne sind dabei, Deutschlands Image zu versenken.

Die Deutsche Bank, monetäres Aushängeschild des Landes, bei nahezu jeder Finanzsauerei auf diesem Globus dabei, ein Post-Vorstandschef, der wegen Großsteuerhinterziehung zu einer bedingten Haftstrafe verknackt wurde, ein Autobauer, was heißt: der Autobauer des Landes, als millionenfacher Großbetrüger entlarvt. Was kommt denn als Nächstes? Ein Schmiergeldskandal bei Siemens vielleicht?

Ooops: Hatten wir auch schon. Da muss man sich jetzt fragen: Was ist eigentlich mit „Corporate Germany“ los? Mit jenen Unternehmen, die auf der ganzen Welt für Zuverlässigkeit und Qualität stehen. Oder besser gesagt: noch stehen.

Denn die Topmanager der DAX-Konzerne sind mit ihrer immer öfter ins Kriminelle abrutschenden „Anything goes“-Mentalität ja seit einigen Jahren sehr hartnäckig dabei, die globale Topmarke „Deutsche Qualität“ nachhaltig zu versenken.

Und das ist ziemlich gefährlich: Eines der wichtigsten Assets der deutschen Exportindustrie sind ja die vergleichsweise sehr hohen Margen. Konsumenten auf der ganzen Welt sind bereit, deutlich höhere Preise zu bezahlen, damit beispielsweise auf dem Autokühlergrill der Mercedes-Stern, die Audi-Ringe oder eben das VW-Logo prangen.

Das Unterscheidungsmerkmal zur Rechtfertigung dieser Aufschläge ist überwiegend das Image. Denn die japanischen Schweißroboter arbeiten im slowakischen Porsche/VW-Werk nicht anders als die in der benachbarten slowakischen KIA-Autofabrik.

Wird dieses Image leichtfertig zerstört, dann gerät der Parade-Industriestandort der Eurozone in Bedrängnis. Und das kann üble Auswirkungen haben. Allein die VW-Malaise wird die deutschen Steuereinnahmen laut „Zeit“ um bis zu vier Mrd. Euro verringern. Herr Schäuble verliert also die Hälfte seines Budgetüberschusses, weil VW Rückstellungen bilden muss.

So gesehen muten die Verharmlosungen in deutschen Regierungskreisen seltsam an. Wirtschaftsminister Gabriel hat beispielsweise von einem „Messfehler“ bei VW gesprochen, was die Satiresendung „Heute-Show“ zur Bemerkung brachte, das sei so, als würde man einen Bankraub als „Abhebungsfehler“ bezeichnen. Da scheint der Ernst der Lage noch nicht ganz durchgedrungen zu sein. Und das ist für den Standort möglicherweise ebenso schlimm wie die VW-Betrügereien selbst.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.09.2015)

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