Ein etwas zu sehr entspannter Sozialminister

Mit bloßem Schönreden werden wir am Arbeitsmarkt leider scheitern.

Schön, wenn man die Welt zuckerlrosa sehen kann: Sozialminister Hundstorfer beispielsweise erkennt „erste Anzeichen einer Entspannung“, wenn die Zahl der Arbeitslosen mit der zweithöchsten Zuwachsrate seit Beginn der Krise auf den bisherigen Oktober-Rekord von knapp 411.000 springt. Man will sich gar nicht vorstellen, wie ein Arbeitsmarkt aussieht, bei dem sich der Sozialminister einmal Sorgen zu machen beginnt.

Das sollte er aber schön langsam tun. Die Prognosen, die nach einem weiteren Anstieg der Arbeitslosenzahlen die Trendwende für 2018 voraussagen, sind nämlich schon jetzt Makulatur.

Ein kurzer Blick in die jüngste Arbeitslosenstatistik zeigt, warum: Den stärksten Arbeitslosenzuwachs sehen wir bei ausländischen Arbeitskräften in Ostösterreich. Im Klartext: Hier findet speziell im Segment der niedrig Qualifizierten gerade ein wilder Verdrängungswettbewerb statt, bei dem eingesessene Türken, Serben, Kosovaren etc. gegen besser qualifizierte Ungarn, Slowaken etc. auf der Strecke bleiben.

Spätestens 2018 wird es dort ziemlich viel zusätzliche Konkurrenz geben, wenn zumindest ein Teil der 100.000, 200.000 oder mehr Neubürger, die bis dahin mit der aktuellen Migrationswelle ins Land kommen, auf den Arbeitsmarkt drängt.

Hoffentlich, denn wenn sie das nicht tun, wäre ja ihre Integration in den Arbeitsmarkt gescheitert, und wir bekämen ein ziemlich großes Dauerproblem bei der Mindestsicherung.

Der Druck auf den Arbeitsmarkt wird in den nächsten Jahren also nicht sinken, sondern eher dramatisch zunehmen. Und zwar ausgerechnet in dem Segment, in dem die Arbeitsplätze am schnellsten verschwinden.

Sich jetzt damit zu trösten, dass ja nicht nur die Zahl der Arbeitslosen, sondern auch die der Beschäftigten zunimmt, ist nichts als Selbstbetrug. Letztere steigt eben zu langsam für das Tempo des hiesigen Bevölkerungswachstums.

Das einzige Rezept dagegen ist die Schaffung eines Umfelds, in dem Gründung, Finanzierung und Betrieb von Unternehmen erleichtert werden. Mit dem bloßen Arbeitsplatz-Verwalten und Schönreden werden wir leider scheitern.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.11.2015)

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