Bekommen wir jetzt auch im Bankenbereich eine Parallelgesellschaft?
Ein bisschen zum Schmunzeln ist es schon, dass ausgerechnet die österreichische Bank, die dem nach dem Höllenhund der griechischen Mythologie benannten US-Hedgefonds Cerberus gehört, jetzt auf fromm macht und als erstes heimisches Institut Islamic Banking anbietet. Der Shitstorm, der nach dieser Ankündigung über die Bawag losgebrochen ist, ist aber auch unbegründet.
Erstens ist das auch in der Bibel festgeschriebene Zinsverbot dank EZB auf der Einlagenseite ohnehin bei allen Banken längst weitgehend realisiert, wie jeder flüchtige Blick auf das Konto zeigt. Und zweitens bekommt man nicht jeden Tag so ein schönes Beispiel für Verrenkung zu sehen.
Ein Halal-Hauskredit beispielsweise geht so: Die Bank kauft das Haus, schlägt Spesen, über die Laufzeit kumulierte Zinsen etc. auf und verkauft es dem Kreditnehmer weiter, der den so erhöhten Kaufpreis dann in gleichen, „zinsenlosen“ Raten abstottert. Unter Kuffar heißt so etwas schlicht Fixzinskredit, aber der Korangelehrte, der die Bawag-Produkte überwacht, wird sicher erklären können, wieso eine derart plumpe Umgehungskonstruktion für das Zinsverbot trotzdem gottgefällig ist.
Das ist aber nicht unser Problem. Und wenn der Finanzminister in diesem Fall die Kest statt auf Zinsen auf Gebühren oder Geschenke einhebt, dann hat ohnehin alles seine Ordnung.
Irgendwie seltsam ist nur, dass wir jetzt sogar bei den Banken eine Art Parallelgesellschaft bekommen. In anderen Bereichen haben wir sie ja schon lang. Selbst beim AMS. Das hat seine jüngst präsentierten Kompetenzchecks für Migranten in deren Muttersprache durchgeführt, obwohl viele der Kompetenzgecheckten schon jahrelang im Land sind. In Hollywood-Drehbüchern würde an dieser Stelle „Keine weiteren Fragen, Eurer Ehren“ eingefügt werden.
Nur eine Anmerkung: Bis auf wenige Ausnahmen im wissenschaftlich-technischen Bereich sinkt die berufliche Kompetenz ohne Kenntnis der Landessprache gegen null. Weiß man das beim AMS? Und wenn ja: Wieso macht man dann Kompetenztests, die über die Arbeitsmarktkompetenz genau null aussagen?
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2016)