Die Genossen von der Strom-Kolchose

Mit dem praktizierten Klientelismus ist dieses Land nicht reformierbar.

Wenn sich ein Unternehmer verplant, dann hat er ein Problem: Er muss für die Fehlinvestition geradestehen.

Wenn sich Stromerzeuger in ihrer geschützten Kolchose irren, dann haben ihre Kunden ein Problem. Dann heißt das nämlich nicht Fehlinvestition, sondern „stranded costs“ – und wird in der Regel von den Stromabnehmern mittels Zwangszuschlägen planiert.

Um die Jahrtausendwende haben sich die damals weit überwiegend in öffentlichem Besitz stehenden E-Gesellschaften ein paar Milliarden für ihre unrentablen Gas- und Braunkohlekraftwerke von den Konsumenten geholt, jetzt sind die überwiegend im agrarischen Bereich angesiedelten Biogaserzeuger dran.

Okay, deren Betreiber sind es ja gewohnt, von Subventionen zu leben. Aber was der Wirtschaftsminister jetzt schnell noch plant, bevor uns die EU Gott sei Dank zu einer vernünftigeren Ökostromförderung zwingt, lässt wohl selbst alten sowjetischen Kolchosbauern vor Staunen das Unterkiefer hinunterklappen: eine Art „Grünbrache“ für Biogasanlagen. Weil die in der Regel selbst mit den aktuellen, weit überhöhten Einspeistarifen nicht wirtschaftlich zu führen sind, sollen sie Schließungsprämien in Form von Vorgriffen auf nicht konsumierte künftige Förderungen bekommen. Eine Belohnung für krasse Fehlinvestitionen, denn dass die aktuellen Biogasanlagen ohne Subventionstarife nie wirtschaftlich zu führen sein werden, hat man von Anfang an gewusst.


Macht aber nichts, zahlt alles der Stromkunde. Unterdessen machen die Öko-Stromzuschläge für einen Durchschnittshaushalt schon an die 150 Euro im Jahr aus – und sie sind mit schuld daran, dass die Konsumenten von den dramatisch gefallenen Strompreisen aber schon gar nichts merken.

Die „schwarze“ Biogas-Bauernförderung gibt es übrigens im Abtausch gegen eine Förderung für unwirtschaftliche „rote“ Wiener Anlagen. Ein Zeichen dafür, dass der Uralt-Klientelismus, der dieses Land immer weiter zurückwirft, immer noch fröhliche Urständ feiert. Ein Beweis mehr, dass dieses Land in dieser politischen Konstellation nicht mehr reformierbar ist.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.03.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.