Das Sparschwein leidet an der Schwindsucht

Wer in diesem Umfeld noch Vermögen bilden kann, hat schon welches.

Wir haben es an dieser Stelle schon einmal angemerkt, jetzt wird es durch die OeNB-Statistik sozusagen amtlich bestätigt: Die private Vermögensbildung ist vorerst einmal tot – und das wahrscheinlich auf längere Zeit. Wenn Zinsprodukte real durch die Bank negativ rentieren (also Vermögen vernichten statt zu vermehren) und gleichzeitig Realeinkommen sinken, ist eben nichts anderes zu erwarten.

Das hat eine Reihe von ziemlich gravierenden Auswirkungen. Beispielsweise das Ende der privaten Pensionsvorsorge. Das Volumen der kapitalgedeckten Pensionsansprüche ist (abzüglich Neugeschäft) 2015 langsamer gestiegen als die Inflationsrate, die Ansprüche aus Lebensversicherungsverträgen (früher ein beliebtes Vorsorgeinstrument) gehen sogar zurück.

Das vor allem im vergangenen Jahrzehnt sehr strapazierte Mantra, wonach kapitalgedeckte Vorsorgemodelle das in einer alternden Gesellschaft drohende Demografieproblem bei den Pensionen kompensieren könnten, ist also wohl Vergangenheit.

Ändern wird sich daran so schnell nichts. Mit der Beinahe-Nullzinspolitik werden wir sehr lang leben müssen. Die Notenbanken wissen ja nicht mehr, wie sie aus der ursprünglich als Konjunktur-Anschubimpuls gedachten Nullzinsfalle wieder herauskommen können, zumal ein deutlicher Zinsenschub sehr schnell einige hoch verschuldete Staaten ins Wackeln brächte.

Und die Realeinkommen? Da bringt die Steuerreform heuer eine Scheinerleichterung: Netto bleibt im Börserl nach Lohnsteuer tatsächlich mehr, aber der Staat holt das mit der anderen Hand gleich wieder heraus: Das Gesamtsteueraufkommen ist in den ersten beiden Monaten dieses Jahres trotz Lohnsteuerreform um 2,8 Prozent gestiegen. Und da sind die Gebühren- und Abgabenorgien, mit denen viele Gemeinden zuschlagen, noch gar nicht enthalten.

Es bleibt also dabei: Wer in diesem Umfeld Vermögen bilden will, muss schon welches haben. Diese Erkenntnis eröffnet keine schöne Perspektive. Vor allem für die Jungen nicht, denen damit wesentliche Motivation zum „Anpacken“ genommen wird.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.04.2016)

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