Die erwartbaren pawlowschen Reflexe

Ideologie und Steuerdiskussion passen nicht recht zusammen.

Die aufgebrochene Diskussion um Maschinensteuer und Grundeinkommen hat im durchideologisierten politischen Spektrum die erwartbaren pawlowschen Reflexe ausgelöst. Zur Versachlichung sollten wir jetzt ganz nüchtern ein paar Pflöcke einschlagen:

1. So gut wie alle sind sich darüber einig, dass Arbeit steuerlich zu stark belastet ist, die Staatsfinanzierung also zu stark auf der Belastung von Arbeit basiert.

2. Wenn man das System zukunftssicher machen will, muss Arbeit steuerlich entlastet werden. Weil sich mit Vermögenssteuern kein Staat finanzieren lässt, wird der Systemumbau in Richtung Wertschöpfung gehen.

3. Man muss nichts neu erfinden, denn ein Grundeinkommen (Mindestsicherung, Sozialtransfers) gibt es ebenso längst wie eine Wertschöpfungsabgabe. Nichts anderes ist nämlich die Mehrwertsteuer.

4. Am Ende wird sich also die Frage stellen, ob man Wertschöpfung direkt beim Verursacher besteuert, was innovationsfeindlich und wirtschaftsschädlich wäre, oder ob man das indirekt beim Konsumenten über die Mehrwertsteuer macht. Nachdem alle beim Produktionsprozess anfallende Steuern zwingend im Endpreis enthalten sein müssen, wäre Letzteres gar nicht so unlogisch.

5. Der Systemumbau muss aufkommensneutral konstruiert sein, denn die Steuerquote stößt ans Limit. Voraussetzung wäre also eine Art verfassungsmäßige Abgabenqotenobergrenze mit der Verpflichtung, zwingend jede Steuererhöhung oder Neueinführung durch den Wegfall einer bestehenden zu kompensieren.

6. Aus dem vorhin Gesagten ergibt sich: Eine isolierte, zusätzlich ins System gedrückte Maschinensteuer ist gefährlicher wirtschaftspolitischer Unsinn, der Umbau kann nur im Rahmen einer großen Systemreform und möglichst nicht isoliert auf nationaler Ebene erfolgen.

Jedenfalls sollten sich die Akteure bemühen, Ideologieversatzstücke aus dem vorigen Jahrtausend aus der Diskussion zu nehmen und auf das urösterreichische „Hamma net, gibts net, do könnt jo a jeder kumman“ zu verzichten.

Wir reden hier nicht von zweifellos nötigen kurzfristigen Ankurbelungsmaßnahmen. Sondern davon, das Land für die vierte industrielle Revolution fit zu machen. Da sollten wir ausnahmsweise vorn dabei sein, statt nachträglich zu jammern, was man besser hätte machen können.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.06.2016)

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