Flughafen, den keiner braucht, findet Retter, der nicht zahlt

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Rheinland-Pfalz freute sich über einen Käufer aus China für seinen Airport Hahn im Hunsrück – und ging wohl einem Blender auf den Leim.

Die Deutschen können viel. Flughäfen können sie nicht. Das freilich führen sie sehr eindrucksvoll vor, nicht nur mit ihrer Skandalbaustelle in Berlin, sondern auch in der Provinz. Im Hunsrück, einem Mittelgebirge fern der Metropolen, liegt der frühere US-Militärflughafen Hahn. Nach Ende des Kalten Krieges erbte ihn Rheinland-Pfalz und nahm sich vor, dort mit zivilen Zwecken das große Geld zu machen. Man nannte die einsame Landebahn keck Frankfurt-Hahn, obwohl die Metropole Hessens 125 kurvenreiche Kilometer entfernt liegt. So sorgte man für Schocks bei ahnungslosen Briten, die mit Ryanair um 20 Pfund anreisten und dann Hunderte Euro für eine Taxifahrt ins Zentrum zahlten. Was den lauschigen Airport etwas in Verruf brachte. Vielleicht auch deshalb fliegt die irische Airline, die als einzige stark auf ihn gesetzt hat, nun lieber echte Flughäfen wie Köln an. Kein Hahn kräht mehr nach Hahn. Die Passagierzahlen brechen ein, Bilanzen färben sich rot, die Regierung in Mainz muss Geld zuschießen. Seit Jahren versucht sie, ihr Sorgenkind loszuwerden.

Zuletzt meldeten sich drei chinesische Interessenten. Einer bot nur einen symbolischen Euro – ein Affront! Da gefiel die Shanghai Yiqian Trading schon besser. Hinter ihr stehe „Chinas führende Bauunternehmen“, versprach die Firma. Ministerpräsidentin Malu Dreyer sah „keinen Grund, an der Seriosität des Käufers zu zweifeln“, hatten doch die Wirtschaftsprüfer von KPMG ihn durchleuchtet und empfohlen. Nur blöd, dass er jetzt nicht zahlt. Ein wenig Geduld, Peking müsse den Deal noch genehmigen, beruhigten die Chinesen.

Dafür wollten die Deutschen Belege. Die dafür gesetzte Frist ist am Mittwoch verstrichen. Es ist also Verdacht am Platz. Genauer recherchiert haben Journalisten. Der ARD-Korrespondent in Shanghai hörte sich um und fand niemanden, der die beiden Firmen kannte. Seltsam. Ein Lokalaugenschein beim Käufer führte den Reporter zu einem schäbigen Minibüro mit vielen Pappkartons, aber ohne Firmenschild. Sein SWR-Kollege knöpfte sich den angeblichen Baugiganten vor. An der Adresse von Guo Qing fand er einen Reifenhändler, der ihn mit der Frage empfing: „Na, sind Sie auch ein geprellter Anleger?“

Zu ihm kommen nämlich oft Leute wegen dieser Briefkastenfirma mit gleicher Adresse, die Online-Investoren um ihre Ersparnisse bringt. Die sind dann sehr wütend und gehen anschließend zur Polizei. Das sollte das rot-grün-gelbe Kabinett jetzt vielleicht auch tun. Ein schwacher Trost für Landesmutter Dreyer: Schon ihr Vorgänger, Kurt Beck, ging beim Nürburgring einem US-Milliardär DuPond auf den Leim – falscher Name, falsche Schecks. Jetzt heißt es, schnell echte Käufer für Hahn finden. Sonst kommt noch jemand auf die Idee, in der Pfalz hätte der Pflanz ein leichtes Spiel.

karl.gaulhofer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.07.2016)

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