Herrschaften, es ist Feuer am Dach!

Die EU hat die niedrigste Arbeitslosenrate seit 2011, Österreich die höchste.

Wir haben uns an Nachrichten dieser Art schon gewöhnt: Im Juni ist die Arbeitslosenrate in Österreich laut Eurostat erneut leicht gestiegen. Wir halten jetzt bei 6,2 Prozent nach der EU-Zählung (in der Realität liegt die Rate in der Gegend von zehn Prozent).

6,2Prozent klingt noch nicht dramatisch. Zumindest so lang, bis man nicht die internationale Entwicklung betrachtet: In EU und Eurozone ist die Arbeitslosenrate auf dem tiefsten Stand seit 2011. In Österreich auf dem höchsten. Und sie steigt nur noch in einem Land. Richtig: in Österreich.

Noch ein Vergleich: 2011 hatten wir eine Arbeitslosenrate (nach Eurostat-Definition) von vier und Deutschland eine von 5,7Prozent. Wir waren damals Europabester. Jetzt liegt die Quote hierzulande bei 6,2 – und in Deutschland bei 4,2 Prozent. Wir liegen zurzeit auf Platz acht. Gemeinsam mit Polen übrigens.

Mehr muss man eigentlich nicht wissen, um den wirtschaftlichen Rückfall des Landes während der Regierungen Faymann I und II zu illustrieren. Offenbar ist das aber allen auf gut Österreichisch wurscht. Denn die PR-Abteilungen der Parteien, die sonst jeden Käse in Megabytes an unnötigen Stellungnahmen kommentieren, haben die gestrige Eurostat-Statistik schlichtweg ignoriert.

Gut, es ist heiß, Ferienzeit und der Festspielcocktailparcours in Salzburg wollen bewältigt werden. Da bleibt wenig Zeit für so nebbiche Sachen wie Wirtschaftspolitik. Außerdem wissen wir ohnehin alle, woran es hapert: Reformstau, Überbürokratisierung, Kapitalmarktfeindlichkeit und so weiter. Und: Haben nicht ohnehin die einen ihren New Deal und die anderen ihre Mittelstandsoffensive schon verkündet?

Ja, stimmt. So wie die Regierungen vorher. Schöne Papiere und das darauffolgende Gejammer, dass der jeweilige Koalitionspartner deren Umsetzung blockiert, helfen uns aber leider nicht weiter. Wir wollen jetzt Umsetzung sehen. In Form von konkreten Gesetzesvorlagen.

Herrschaften: Es ist Feuer am Dach. In so einem Fall präsentiert man normalerweise nicht schön formulierte kluge Papiere über Brandvermeidung. Sondern man löscht!

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.07.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.