Die immer surrealere Welt der Gelddrucker

Wenn den Notenbanken die kaufbaren Anleihen ausgehen, wird es kritisch.

Die Bank of England hatte in dieser Woche ein Problem: Sie konnte ihr eigenes, Brexit-induziertes Anleihenkaufprogramm nicht zur Gänze durchziehen, weil es einfach nicht mehr genug Staatsanleihenbesitzer gab, die ihr entsprechende Papiere andienen konnten. Ein Zeichen dafür, dass die europäische Notenbankpolitik gerade mit beherzten Schritten die Grenze zum Land des Schwachsinns überschreitet.

Es pumpt ja nicht nur die Bank of England wie wild Liquidität via Anleihenkauf auf die Märkte. Auch die EZB tut das mit großer Verve – unter Einschaltung der jeweiligen nationalen Notenbanken. Mit dem Effekt, dass in der Zwischenzeit die meisten europäischen Notenbanken schon die größten Gläubiger ihrer Staaten sind. Die BoE etwa hält 25 Prozent der britischen Staatsschuld, in Deutschland hält die Bundesbank 15 Prozent. Japan ist zu einem Drittel bei der eigenen Nationalbank verschuldet.

Das ist genau genommen (zu Recht eigentlich verbotene) Staatsfinanzierung aus der Notenpresse, auch wenn die Notenbanken durch Zwischenschaltung von Geschäftsbanken so tun, als gehe es lediglich um deren Liquiditätsversorgung.

Und es ist brandgefährlich. Spätestens seit der ersten großen Hyperinflation im Jahr 1720, als der französische Hochadel die Vorteile des unbegrenzten Druckens ungedeckter bunter Zettel entdeckte und der schottischstämmige Finanzminister John Law sich gegen seinen König in Paris nicht durchsetzen konnte, weiß man, welche Sprengkraft in solchen Aktionen liegt.

Davon sind wir natürlich noch weit entfernt. Schon deshalb, weil die Notenbankenstrategie ohnehin nicht funktioniert und das (virtuelle) neue Geld nur ein paar Blasen in der Finanzwirtschaft selbst aufpumpt.

Vielleicht wäre es doch gescheiter, angesichts dieses Fehlschlags weniger sinnlose Liquidität zu schaffen und mehr darauf zu achten, dass das vorhandene Geld kontrolliert seinen Weg in die reale Wirtschaft findet. Das geht nicht, weil man dazu Banken- und sonstige Reformen, also kluge Strukturpolitik, benötigt? Ach so? Ja dann! Schade, aber das kann man offenbar wirklich nicht verlangen.


josef.urschitz@diepresse.com

(Print-Ausgabe, 13.08.2016)

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