Wenn böse Konzerne Staaten klagen

Vor Schiedsgerichten ist Österreich nicht immer das beklagenswerte Opfer.

Warum das Freihandelsabkommen TTIP vom Großteil der Österreicher abgelehnt wird, ist klar: Weiß doch jeder, dass wir dann gezwungen würden, statt knackiger EU-Antibiotikahenderln amerikanische Chlorhühner zu verspeisen. Außerdem würden dann böse Konzerne die arme Republik via internationaler Schiedsgerichte durch Sonne und Mond klagen. Gerade Österreich ist ja, wie wir wissen, immer das Opfer.

Dazu ist gestern die passende Meldung gekommen: Einer dieser unguten Konzerne hat von einem internationalen Schiedsgericht recht bekommen und lässt jetzt zur Durchsetzung seiner Ansprüche die Republik Kosovo pfänden. Es ist die Österreichische Staatsdruckerei. Derzeit laufen vor internationalen Schiedsgerichten unter anderem auch Verfahren der EVN gegen Bulgarien, der OMV gegen die Türkei und der Casinos Austria gegen Argentinien.

Sind vielleicht doch nicht so sinnlos, diese Schiedsgerichte, wenn man Interessen durchzusetzen hat. Und, jetzt bitte ganz stark sein: Österreich hat schon Freihandels- und Investitionsschutzabkommen. 62 an der Zahl. Fast alle sehen Streitschlichtung vor Schiedsgerichten vor. Und es funktioniert offensichtlich.

In einem haben die TTIP-Gegner aber recht: So, wie dieses Abkommen verhandelt wurde, kann man das in demokratischen Gesellschaften nicht machen. Die Methode „Ihr seid ohnehin zu deppert, das zu verstehen, deshalb sagen wir euch nicht einmal, wer am Verhandlungstisch sitzt“ lädt zu Verschwörungstheorien und Widerstand ja geradezu ein. Es wäre also kein Schaden, wenn TTIP jetzt stirbt – solange man danach ein vernünftiges Abkommen so transparent aushandelt, dass die Bürger mitkönnen.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.09.2016)

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