Der schräge Humor der Brexiteers

Tja, breaking up is hard to do, liebe Briten. Ein Populisten-Schauerstück.

Die britische Regierung braucht möglicherweise noch bis kommenden Herbst, um ihren EU-Austritt überhaupt einzuleiten, hören wir. Die Sache sei nämlich komplex, die Regierung uneins, es gebe deshalb auch noch keine Strategie.

Oh, wait: Heißt das, unsere Freunde von der Insel haben ein halbes Jahr, nachdem sie der EU per Volksabstimmung „macht euren Dreck doch allein“ ausgerichtet haben, noch immer keinen Plan? Heißt das, sie haben ihre Bürger in ein Referendum gehetzt, ohne die leiseste Ahnung zu haben, wie es danach weitergehen soll?

Heißt das gar, das Farage-Versprechen, man werde nach vollzogenem Brexit weiter alle Vorteile des Binnenmarkts genießen, ohne Zahlungs- und andere Verpflichtungen zu haben, war nur ein wissentlich ausgelegter plumper Köder für ein populistisches Machtexperiment?

Tja, blöd gelaufen. Den Briten wird ja gelegentlich ein Hang zu etwas schrägem Humor nachgesagt. Aber dass sie es ernsthaft darauf anlegen, der ganzen Welt nachzuweisen, dass sogar ihre Kochkünste noch von ihrer Planungskompetenz unterboten werden, ist doch ein wenig shocking.


Wie auch immer: Nichts ist unnütz. Es kann immer noch als abschreckendes Beispiel dienen.

Wenn Ihnen also nächstens ein Stammtischpolitiker den Öxit schmackhaft machen will (Ansätze hat es ja schon gegeben), dann fragen Sie bitte, wie er sich das genau vorgestellt. Und bestehen Sie bitte auf präzise Antworten, bevor Sie Ihr Kreuz auf dem Wahlzettel machen. Könnte sich auszahlen.

Die Alles-ist-besser-als-der-Istzustand-Stimmung ist angesichts der politischen, vor allem der wirtschaftspolitischen Performance der Regierenden ja durchaus verständlich. Das erfordert stark erhöhten Reformdruck von unten. Aber bloße Wut auf „die da oben“ ist kein guter politischer Ratgeber. Die Briten liefern uns dazu gerade schönes Anschauungsmaterial.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.11.2016)

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