Schulden mit neuen Schulden bekämpfen?

Vermeintlich billige Schulden mutieren zu hohen Zinsbelastungen.

Die EU-Kommission hat den deutschen Finanzminister aufgefordert, seinen budgetären Spielraum zu nutzen und sozusagen Europa aus der Krise „herauszuinvestieren“. Und sie hat dafür von Wolfgang Schäubleeine harsche Antwort erhalten: Höhere Ausgaben in einem oder zwei Ländern würden nicht die strukturellen Probleme und Finanzrisken in den anderen Ländern lösen, ließ der Deutsche Brüssel wissen.

Da hat er zweifellos recht: Auf Pump finanzierte öffentliche Investitionen in Deutschland helfen strukturell schlecht aufgestellten Kriseneuroländern herzlich wenig. Aber sie bringen den Haushalt der letzten halbwegs vernünftig dastehenden Euroländer durcheinander. Was die Deutschen schon deshalb nicht brauchen können, weil die laufende Aufweichung der Schröder-Reformen, von denen die Regierung Merkel noch immer lebt, den Staatshaushalt ohnehin unter Druck bringt. Schon für 2020 prophezeien Experten wieder ein Budgetloch von 20 Milliarden Euro.

Es ist also auch im Land der schwäbischen Hausfrau nicht alles paletti. Aber der Druck, mehr Geld auszugeben, wird ja nicht nur in Deutschland größer.

Auch in Österreich, wo man es in den vergangenen 46 Jahren selbst während der Hochkonjunkturphasen kein einziges Mal geschafft hat, Einnahmen und Ausgaben in Einklang miteinander zu bringen, drängen linke Ökonomen immer stärker darauf, die hohen Schulden mit noch höheren Schulden zu bekämpfen.


Dabei kommt ein interessantes Argument ins Spiel: Man möge doch das extrem niedrige Zinsniveau für exzessive Kreditaufnahmen nutzen. Geld koste derzeit ja praktisch nichts.

Das stimmt – aber nur für die von ebendiesen Ökonomen so verachtete schwäbische Hausfrau. Sie zahlt ihr billiges Darlehen über die nächsten Jahre nämlich zurück – und hat damit tatsächlich von den niedrigen Zinsen profitiert.

Staaten tun das aber nicht. In Österreich ist, wie gesagt, die Staatsschuld seit 46 Jahren stets gewachsen. Die Kredite wurden demnach nicht zurückgezahlt, sondern refinanziert, also durch die Aufnahme neuer Darlehen getilgt. Sie werden in zehn Jahren wahrscheinlich um einiges mehr an Zinsen kosten. Wer jetzt glaubt, mit billigem Geld auf Pump exzessiv prassen zu können, hängt seinen Kindern also ein besonders teures Paket um. Nachhaltige Wirtschaftspolitik ist das nicht.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.11.2016)

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