Hat jeder Mensch einen Marktwert?

Eine VW-Managerin kassiert zwölf Mio. und nennt es „ganz normal“.

Christine Hohmann-Dennhardt hat nichts zu verbergen. „Dass ein Vertrag erfüllt wird, ist ein ganz normaler Vorgang“, sagt sie der „Süddeutschen Zeitung“. Und deshalb sei es eben auch ein ganz normaler Vorgang, dass sie nach nur einem Jahr bei VW knapp zwölf Millionen Euro kassiert. Sie verlässt den Konzern aufgrund „unterschiedlicher Auffassungen“, bekommt aber ihren bis Ende 2018 laufenden Vertrag ausbezahlt.

Tatsächlich ist es Sache eines privaten Unternehmens, wie viel es seinen Managern bezahlt. Es gibt ja schließlich einen Aufsichtsrat, der darauf achtet, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Es gibt ja schließlich Aktionäre, die bei der Hauptversammlung ihre Bedenken äußern könnten.

Marktwert ist eben Marktwert. Das gilt für Cristiano Ronaldo genauso wie für Christine Hohmann-Dennhardt. Bleibt die Frage: Hat dann jeder Mensch einen Marktwert? Wenn es legitim ist, Sportler, Filmstars oder Topmanager rein nach Marktwert zu bezahlen, was tun wir dann mit all jenen, die der „Markt“ nicht ganz so dringend benötigt, die sogar eine „Marktbelastung“ darstellen?

Wenn wir die Idee vom Marktwert des Menschen konsequent zu Ende denken, stoßen wir ganz schnell auf die dunkelsten Kapitel in der Menschheitsgeschichte.

Und dennoch: Das ist hier kein Plädoyer für die Beschneidung der unternehmerischen Freiheit. Das ist kein Plädoyer für eine staatlich verordnete Gagenobergrenze für Manager.

Diese Plädoyers halten die Protagonisten eines Markts ohne Werte leider selbst. Indem sie wie Christine Hohmann-Dennhardt von einem „ganz normalen Vorgang“ sprechen, wenn es anderen längst die Sprache verschlägt.

gerhard.hofer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.02.2017)

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