Besserwessi aus den USA

US-Finanzminister Geithner will wissen, wie Europa zu helfen ist: mit noch höheren Schulden.

Er flog ein, um die EU-Finanzminister zu treffen, gab gute Ratschläge und war wieder dahin. Der Auftritt von US-Finanzminister Timothy Geithner im polnischen Wroclaw (Breslau) war schlicht eine Farce. Der US-Politiker erinnerte an „Besserwessis“, Westdeutschen, die einst in die Ex-DDR zogen, um Wirtschaftstreibende zu beraten. Sie beschafften Förderungen und billige Kredite, woraufhin in Ostdeutschland viel Steuergeld in sinnlose Reformverhinderung floss. Natürlich muss gerade in Krisenzeiten die Finanzpolitik der großen Wirtschaftsmächte USA und EU abgestimmt werden. Doch die Rezepte, die Geithner den Europäern mitgebracht hat, laufen allein auf eine weitere Aufstockung des Euro-Rettungsschirms und weitere Konjunkturprogramme hinaus. Es sind Rezepte, die noch höhere Schulden zur Folge hätten.

Fast könnte man glauben, die USA haben ein Interesse daran, Europa an ihr eigenes, höheres Schuldenniveau heranzuführen. Hochgerechnet auf Einwohner ist jeder Bürger der Eurozone mit 21.500 Euro verschuldet, US-Bürger tragen eine Last von 33.600 Euro – also ein gutes Stück mehr.

Es wird für Europa schwer genug, seine Schulden abzubauen, ohne das Wachstum abzuwürgen und eine tiefe Wirtschaftskrise zu riskieren. Aber es gibt einen breiten gesellschaftlichen Konsens, die Last verantwortungsvoll zu reduzieren – auch um künftigen Generationen eine Chance zu lassen. Teure Hilfsaktionen wie jene für Griechenland zeigen nämlich, dass es hier sowieso eher um die Rettung von Banken als um Volkswirtschaften oder gar Arbeitsplätze geht. Geithner aber will, dass wir noch mehr Schulden in dieses System stecken, um es möglichst lange zu erhalten.

wolfgang.boehm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.09.2011)

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