Volles Haus für Mahler, aber auch für Cerha und Ligeti

Was die Oper betrifft, hat Paris die Nase vorn, im Konzertleben allerdings scheint die Repertoire-Mischung in Wien mittlerweile zu stimmen.

Nach Paris müsse man fahren, schrieb ich jüngst, um eine der wichtigsten Opern der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts szenisch erleben zu können, ein Werk wienerischer Provenienz, Alexander von Zemlinskys „Zwerg“. Das Opernrepertoire ist ja bekanntlich wie ein schwerfälliger Hochseedampfer, kaum zu manövrieren. Wer eine Kurskorrektur vornehmen möchte, erlebt erst Jahre nach der Neuausrichtung des Steuers den Vollzug der Wende.

Was das Musiktheater betrifft, stehen in Wien drei Häuser zur Verfügung. Deren Koordination in Sachen Harmonisierung – und Verbreiterung – des Spielplanangebots lässt noch zu wünschen übrig. Es bleibt daher dabei: Die Einbindung von Werken eines Zemlinsky gehört zu den Desiderata. Auch wenn die Volksoper den „König Kandaules“ immer wieder gezeigt hat. Effektvolle Stücke wie eben der „Zwerg“ und die „Florentinische Tragödie“ müssten im Repertoire freilich so gängig sein wie Strauss' „Salome“, die heute Abend auf dem Staatsopernspielplan steht.

Was noch fehlt, ist die kundige Auslese, die Spreu vom Weizen trennt, Spielbares mit dauerhaften Erfolgschancen von notorischen Ladenhütern. Im Konzertleben ist man weiter, das lehrt ein Blick auf die Veranstaltungen der kommenden Tage. Im Musikverein wie im Konzerthaus gehören die Meisterwerke der Generation „zwischen allen stilistischen Stühlen“ mittlerweile zu den Selbstverständlichkeiten: So musiziert Arabella Steinbacher mit den Symphonikern unter Bertrand de Billy das Violinkonzert von Erich W. Korngold, Andres Orozco-Estrada dirigiert im Sonntagsabonnement der Tonkünstler Leoš Janáčeks „Taras Bulba“, das Klavierkonzert von Joseph Marx, „Castelli romani“, wird unter Fabio Luisi demnächst nachgereicht...

Und, was das Schönste ist, die lebenden Meister der mittlerweile gern so genannten Dritten Wiener Schule gehören offenbar bereits auf das Natürlichste dazu: So koppelt das Linzer Bruckner-Orchester bei seinem Musikvereinsgastspiel Kurt Schwertsiks „Nachtmusiken“ mit Mahlers „Lied von der Erde“.

Und Friedrich Cerha, der mit Schwertsik einst zur Pflege der Avantgarde „die reihe“ gegründet hat, leitet am 14.Februar ein Jubiläumskonzert des Ensembles im Konzerthaus, bei dem neben Werken von Strawinsky und Webern ein eigenes Stück Cerhas aus den „reihe“-Pionierjahren sowie das Kammerkonzert von György Ligeti erklingen werden.

In der Woche darauf ist dann am selben Ort bereits wieder das Klangforum an der Reihe, um den Programmbogen bis zu neuester Musik aus Skandinavien weiterzuspannen. Apropos Skandinavien: Tags darauf, am 20.Februar, dirigiert Osmo Vänskä im Konzerthaus eine Aufführung von Jean Sibelius „Lemminkäinen“-Suite – ein Stück pittoresker Spätromantik...

E-Mails an: wilhelm.sinkovicz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.02.2013)

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