"Ich sag Ihnen, die Erbschaftssteuer wird kommen"

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Wenn Wirtschaftsminister Mitterlehner, AK-Direktor Muhm, Erste-Bank-Chef Treichl, Wienerberger-Boss Scheuch und Abt Henckel Donnersmarck über Reichtum reden.

Manchmal ist nicht nur das interessant, was prominente Denker und Lenker sagen. Mitunter ist es auch sehr aufschlussreich, wenn sie zu einem bestimmten Thema schweigen.

Dienstagabend lud die Wirtschaftsberatung KPMG zum Diskussionsabend. „Wie reich ist Österreich?“, lautete die Frage. Auf dem Podium saß Erste-Bank-General Andreas Treichl. Angesprochen auf die aktuelle Diskussion über Managerboni, etwa jene 58 Millionen Euro, die Novartis-Chef Daniel Vasella hätte bekommen sollen, damit er sechs Jahre lang sein Wissen nicht zur Konkurrenz trägt, sagte Treichl: „In der Schweiz regen sich die Leute auf, wenn einer 58 Millionen fürs Nichtstun bekommt. In Österreich beginnt die Empörung, wenn einer zwei Millionen fürs Tun erhält.“

Die öffentliche Debatte über neue Steuern hält Treichl für verzichtbar. „Über Steuern redet man nicht, man führt sie ein oder schafft sie ab.“ Und dann müsse für 15 Jahre Schluss sein. Wer andauernd an der Steuerschraube dreht, verunsichere Investoren und schade dem Standort. Generell meint Treichl: „Man muss mehr dafür tun, dass Menschen zu einem kleinen Vermögen kommen.“ Etwa, indem man produktive Arbeit entlaste und unproduktiven Vermögenszuwachs stärker besteuert.

Mit diesem Statement rennt Treichl bei Arbeiterkammer-Direktor Werner Muhm offene Türen ein. „Ein verstecktes Plädoyer für die Erbschaftssteuer“, jubelt er, der maßgeblich für die wirtschaftspolitische SPÖ-Linie verantwortlich ist. Muhm frohlockt: „Ich sag Ihnen, die wird kommen!“ Denn die ÖVP werde den Widerstand nicht aufrechterhalten können. Und jetzt kam der Moment des Schweigens. Kein Widerspruch des ÖVP-Wirtschaftsministers. Traute Harmonie auf dem Podium. Sehr aufschlussreich.

Aber vielleicht war es auch die Anwesenheit des emeritierten Abtes des Stifts Heiligenkreuz, Gregor Henckel Donnersmarck, die Mitterlehner so milde stimmte. Für den Geistlichen ist die Finanz- und Wirtschaftskrise „eine moralische Krise, in der verantwortungslos gehandelt wurde“. Aus dem Menschen sei „Humankapital“ geworden, kritisiert er und derart beseelt ergänzte der Wirtschaftsminister, dass es die neoliberalen Ökonomen à la Friedrich August von Hayek und Konsorten waren, die „nicht den Menschen, sondern Angebot und Nachfrage in den Mittelpunkt rückten“. Zum Glück bringe der Staat durch Steuern und Transferzahlung die Menschlichkeit wieder ins Lot. Als Mitterlehner auch noch erklärte, dass hohe Lohnabschlüsse kein Problem für Unternehmen seien, wurde er sich offenbar schon selbst ein wenig unheimlich. „Jetzt wird's heißen, der Wirtschaftsminister ist für höhere Löhne“, meint er. So erhält der Begriff Selffulfilling Prophecy (selbsterfüllende Prophezeiung) eine ganz neue Bedeutung.

Das Problem für Unternehmen sei „nicht der Lohn, sondern etwa die hohen Energiekosten“, meint Mitterlehner. Ohnehin werden die hohen Lohnkosten durch noch höhere Produktivität wettgemacht.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt hat es Wienerberger-Vorstandschef Heimo Scheuch wohl die Rede verschlagen. Der Manager brachte zu Beginn der Diskussion wohltuende Disharmonie aufs Podium, indem er nicht auf der Tonleiter des „sozialen Friedens“, der „Lebensqualität“ und des „kulturellen Reichtums“ spielte. Mit Tourismus und Dienstleistung werde man den Wohlstand nicht gewährleisten können, mahnte er. „Wir müssen auch über die Industrialisierung Österreichs sprechen.“ Aber nicht an diesem Abend.

„Reichtum entsteht, indem man etwas weggibt“, sagt Gregor Henckel Donnersmarck und erwähnt den Milliardär Hasso Plattner, der als erster Deutscher in den exklusiven Klub der großzügigen Milliardäre eintrat (siehe Seite14), um wie Bill Gates und Warren Buffett einen Teil seines Vermögens zu verschenken.

Werner Muhm hält hingegen wenig von freiwilligen Spenden. Schon mehr von Vermögensteuern. „Die Fairness in der Gesellschaft geht verloren“, sagt er. Fünf Prozent der Haushalte haben 45Prozent des Vermögens, 50Prozent der Haushalte haben vier Prozent des Vermögens, mahnt er. Je gleicher, umso glücklicher, lautet sein Credo.

Noch Fragen? Keine einzige aus dem Publikum. Manchmal ist schweigen ohnehin aufschlussreicher als reden.

E-Mails an: gerhard.hofer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2013)

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