Transparenzinitiative der Grünen mit Schönheitsfehlern

Albert Steinhäuser
Albert Steinhäuser(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Erst blocken die Wiener Grünen eine ÖVP-Anfrage zum Thema „städtische Beraterverträge“ ab, dann präsentieren sie einen neuen Vorstoß in Richtung Informationsfreiheit.

Der Lack der selbst ernannten Saubermannpartei ist ab.“ Genüsslich kommentierte am Mittwoch Wiens VP-Landesgeschäftsführer, Alfred Hoch, die „Erklärungsversuche“ der Grünen. Diese waren zuvor in die Defensive geraten. Und hatten kundgetan, dass sie seit Amtsübernahme von Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou, 2010, „keine Beratungsleistungen“ vergeben hätten. O.k. Aber warum hat man das nicht gleich gesagt?

Die Vorgeschichte: Mit Anfragen nach Beraterverträgen (strategische Beratung, Medienberatung etc.) hatte die ÖVP die rot-grüne Rathauskoalition in Verlegenheit gebracht. Dabei hatte die Volkspartei nur getan, was sonst die Grünen auf Bundesebene immer wieder tun: Sie hatte Anfang März im Gemeinderat bei Vassilakou und bei SP-Finanzstadträtin Renate Brauner angefragt, „wie viele Verträge mit Beratungsdienstleistungsunternehmen bzw. externen Beraterinnen und Beratern von der Stadt Wien (...)“ zuletzt abgeschlossen wurden.

Dabei hatte sich die Wiener Volkspartei an einer parlamentarischen Anfrage des Grünen-Abgeordneten Karl Öllinger orientiert. Dieser hatte zuletzt von VP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner Auskunft über kostspielige Beraterverträge begehrt. Und auch erhalten. Und umgekehrt? Wenn die Schwarzen einmal die Grünen (und die Roten) fragen? Dann wird (auch von der SPÖ) „auf das Grundrecht auf Datenschutz“ verwiesen. Im Vassilakou-Schreiben heißt es, „eine Beantwortung in dem Ihrerseits gewünschten Detaillierungsgrad“ wäre „datenschutzrechtlich wohl mehr als bedenklich (...)“. Mittlerweile (siehe oben) hat man zumindest die Auskunft nachgeliefert, dass die Grünen eh keine „Beratungsleistungen“ vergeben hätten.

All das kam dem um Transparenz kämpfenden Justizsprecher der Grünen, Albert Steinhauser, natürlich ungelegen, hatte dieser doch für Mittwoch eine Pressekonferenz angesetzt. Thema: ein Entschließungsantrag der Grünen an den Nationalrat „betreffend Erarbeitung eines österreichischen Informationsfreiheitsgesetzes“. Sogar einer der Köpfe der viel beachteten Hamburger Transparenzinitiative, Daniel Lentfer, wurde für den Pressetermin aufgeboten. Zumal in Hamburg neuerdings ein Transparenzgesetz erkämpft wurde. Dieses hat prompt eine deutliche Stärkung der Bürgerrechte mit sich gebracht.

Aber zurück nach Österreich. Ist es glaubwürdig, auf Bundesebene den Fall des Amtsgeheimnisses zu fordern und sich in Wien hinter dem Datenschutz zu verschanzen? Die Wiener Situation sei landesgesetzlich vorgegeben, sagt Steinhauser. Gerade deshalb wolle er ja ein neues, einheitliches Informationsfreiheitsgesetz. Und Datenschutz für juristische Personen – darauf hatte nämlich Vassilakou in ihrer wenig ergiebigen Antwort an die Wiener Volkspartei verwiesen. Diese Art von Datenschutz also solle künftig überhaupt gekippt werden. Meint Steinhauser. Klingt einleuchtend. Aber das Sprichwort vom Glashaus und den Steinen, das fällt einem trotzdem ein.

E-Mail an: manfred.seeh@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.05.2013)

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