Handwerkerskandal kratzt am Image von Wohnbaustadtrat Ludwig

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Schaden durch mutmaßlichen Betrug bei Gemeindebausanierung könnte in die Millionen Euro gehen. Das Problem: Die wahre Höhe ist praktisch nicht zu erheben.

Es kommt selten vor, dass der Wiener Wohnbaustadtrat und potenzielle Häupl-Erbe, Michael Ludwig, in die Defensive gerät. Ein von der Korruptionsstaatsanwaltschaft untersuchter Skandal um millionenschwere Verträge mit Handwerkern, die Gemeindewohnungen sanieren sollten, ihre Leistungen jedoch nur unzureichend erbracht haben dürften, hat es geschafft.

Im März wurden die Ermittlungen bekannt, Anfang Mai veröffentlichte „Die Presse“ eine Artikelserie, die ein kompliziertes Firmennetzwerk zweier Wiener Großhandwerker transparent machte. Es besteht außerdem der Verdacht, dass die mangelhafte Leistungserbringung von zwei Werkmeistern von Wiener Wohnen gedeckt wurde. Weil sich Ludwig heute, Freitag, in einer Sondersitzung des zuständigen Gemeinderatsausschusses den vermutlich kritischen Fragen der Opposition stellen muss, informierte er bereits vorher mehrere Medien über seine Gefühlslage zum Skandal.

Kernbotschaft: Er, die Stadt Wien und Wiener Wohnen sind nicht Täter, sondern Opfer. Die Indizien dafür, dass Mitarbeiter aus seinem Haus davon gewusst haben, dass in unzähligen Wohnungen minderwertige Böden eingebaut, billigere Farben verwendet und weniger Anstriche als vorgeschrieben durchgeführt wurden, seien dürftig. Laut Ermittlern so dürftig, dass zumindest die Verfahren gegen die zwei beschuldigten Werkmeister auf der Kippe stünden.

Doch selbst wenn das stimmt, werden die Probleme für Ludwig nicht weniger. Der Fall liefert den politischen Mitbewerbern noch ausreichend Munition. Zwar beteuert der Stadtrat, sich, oder präziser, Wiener Wohnen im Fall einer Verurteilung der beschuldigten Handwerker an ebendiesen schadlos halten zu wollen. Die Beweisführung dafür scheint jedoch fast unmöglich.

Schwierige Beweisführung

Gerade einmal fünf der insgesamt 220.000 Gemeindewohnungen werden derzeit von Sachverständigen auf Nichterbringung von vertraglichen Leistungen untersucht. Tatsächlich dürften die verdächtigen Betriebe jedoch in mehreren hundert oder tausend gearbeitet haben. Um eine präzise Summe für eine Schadenersatzklage nennen zu können, müssten in allen betroffenen Objekten Böden herausgerissen, die Wandfarbe abgetragen werden. Sollte das Nennen einer konkreten Schadenssumme (ein Gutachten für die Wiener Wirtschaftskammer geht von „Millionen“ aus) wider Erwarten dennoch gelingen, ist fraglich, ob die betroffenen Firmen bis dahin wirtschaftlich noch greifbar sind. Ludwig appelliert deshalb bereits an die Justiz, rasch zu arbeiten.

Neue Kontrollabteilung

Damit ein derartiger Fall trotz der vorhandenen, aber offensichtlich ungeeigneten Kontrollmechanismen in absehbarer Zeit nicht mehr möglich ist, gesteht man bei Wiener Wohnen – zumindest zwischen den Zeilen – sogar Fehler ein. Die Neuinstallation einer 50 Köpfe starken Abteilung, die künftig ausschließlich zur Kontrolle von beauftragten Handwerkern abgestellt ist, ist für Beobachter nämlich nichts anderes als das Eingeständnis des bisherigen Wegschauens.

E-Mails an: andreas.wetz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.05.2013)

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