Das Drama der gottgleichen Weisen

Eine spannende Folge aus der Seifenoper namens „Geldpolitik“. Heute: die EZB (oder: Weidmanns drei Botschaften).

Geldpolitik ist eine Art Seifenoper – eine langweilige obendrein. Zumindest für den gelegentlichen Zuseher. Aber das gilt wohl für jede Seifenoper: Man muss schon dranbleiben, wenn man die sich entfaltenden Dramen und Handlungsstränge im Auge behalten will. Aber keine Sorge: Die Medien sind dran! Denn Geldpolitik ist die wahrscheinlich wichtigste Seifenoper der Welt. Was in ihr geschieht, entscheidet (so der Narrativ) über das Schicksal der Weltwirtschaft. Und die Berichterstatter kleben den Notenbankern dementsprechend an den Lippen. Die „Währungshüter“ werden damit in die Rolle gottgleicher Weiser gedrängt – was viele auch gerne annehmen. Was dabei oft und gerne vergessen wird: Das Universum endet nicht bei den Zentralbanken! Diese (fraglos mächtigen) Institutionen sind: eben das. Institutionen – von Menschenhand geschaffen, von Menschenhand gesteuert und vieles – aber sicher nicht unfehlbar.

Es gibt sogar Notenbanker, die diese simple Wahrheit immer wieder betonen – nur um sicherzugehen. Jens Weidmann, Chef der Deutschen Bundesbank, ist so einer. „Geldpolitik kann die Krise nicht lösen“, hat er am Sonntag in einer Rede gesagt. Das war Message eins. Und: „Wir müssen sicherstellen, dass ein Staatsbankrott möglich ist– ohne das Finanzsystem zu gefährden“ (Message zwei). Die Bindung zwischen Banken und Staatsfinanzen müsse deshalb endlich gekappt werden – vor allem in Europa (Message drei). Also dort, wo der Bundesbankchef sozusagen im Zweitjob auch im Rat der EZB sitzt. Und dort (laut „Spiegel“) vergangene Woche eine weitere Zinssitzung verhindert hat.

Nun klingen Weidmanns Bemerkungen auf den ersten Blick harmlos. Nur der regelmäßige Zuseher des mehrteiligen TV-Dramas namens „Geldpolitik“ wird Weidmann „übersetzen“ können. Die EZB ist als Hüterin des Euro nämlich von den Nationalstaaten weit unabhängiger als etwa die US-Fed oder die Bank of China (die von Kommunisten geführt wird).

Daher geht die Message eins an die Regierenden und soll sagen: „Von uns, der EZB, ist nicht mit endloser Finanzierung der staatlichen Defizite zu rechnen!“ Dazu passt auch Message zwei, die es in sich hat: Die EZB wird, so die Aussage, einen etwaigen Staatsbankrott nicht verhindern – vorausgesetzt das System (der Euro) ist stabil genug, um einen solchen zu überleben. Die leitenden Politiker in Washington oder Peking brauchen sich da nicht zu sorgen: Ihre Zentralbanken werden die Notenpressen notfalls garantiert anwerfen – und Staatsschulden kaufen.

Message drei geht an die Banken: Ihr haltet zu viele Staatsanleihen! Damit geht diese Folge der Seifenoper „Geldpolitik“ zu Ende. Sehen Sie morgen: Ein Franzose erklärt, warum der Deutsche Jens Weidmann das alles nicht so gemeint hat.

E-Mails an: nikolaus.jilch@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.07.2013)

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