Wie soll das royale Baby von Kate und William heißen? Die Buchmacher favorisieren George. Dafür gibt es gute Gründe, höchst persönliche und auch traditionell hauseigene.
Der Urenkel der britischen Königin wurde mit leichter Verspätung zur Welt gebracht. Er scheint kräftig und gesund. Die Eltern, Prinz William und seine bürgerliche Gattin Kate, haben den Buben bereits für zwei Minuten stolz der Öffentlichkeit präsentiert, aber viele Briten mit ihrer Leidenschaft zur Wette waren damit längst noch nicht zufrieden. Wann hat man schon Gelegenheit, auf den Namen eines Thronfolgers zu spekulieren, auch wenn es nach Opa Charles und Papa William nur Nummer Drei auf der Liste ist?
Die glücklichen Eltern beschlossen, den Buchmachern nicht zu widersprechen, und so war die Sache rasch gelaufen: George also. Es war der hohe Favorit der Wettbüros, mit einer beeindruckenden Quote von 2:1. Aber warum? Dafür gibt es persönliche und traditionelle Gründe. Nach der guten Königin Anne aus dem Hause Stuart kam 1714 das House of Hanover an die Macht, dem auch die Windsor entstammen. Deutsche Protestanten sollten damals einen Rückfall ins Katholische verhindern. Mehr als ein Jahrhundert lang nannten sich die neuen britischen Könige George (I - IV), lernten langsam Englisch, ließen es zu, dass sich Kolonien abspalteten, die zu den USA wurden, besiegten Napoleon.
Das Empire blühte. George war aber schon zuvor ein großer Name in England. Er ist der Schutzheilige des Landes. Der Drachentöter wurde beschworen, wenn es gegen die Feinde vom Kontinent ging. Schon Kirchenhistoriker Bede nannte Saint George vor 1300 Jahren mit Ehrfurcht. Am 23. April wird der Sterbetag des Heiligen patriotisch († 303) begangen. Da sieht man viele rote Rosen und auch englische Flaggen mit dem schmucken roten Georgskreuz. In Shakespeares vaterländischem Historiendrama „Henry V.“ heißt es vor der Schlacht von Agincourt enthemmt: „Follow your spirit, and upon this charge / Cry God for Harry, England, and Saint George!“
Ja, das Kind hätte auch Henry heißen können, Edward oder Charles. Letzteres wäre nicht nur eine Verbeugung vor dem Opa gewesen. Die Schotten, die demnächst über ihre Unabhängigkeit abstimmen, wären über einen Karli wohl so erfreut gewesen wie über Little James.
Noch ein Grund aber, ein intimer, sprach für George. Die Queen, die in der Firma gerüchteweise immer noch am meisten zu sagen hat, soll aufs Höchste ihren eigenen Vater verehren, dem als George VI. (1936–1952) ein viel kürzeres Verweilen auf dem Thron vergönnt war als der Tochter. Der Sohn von George V. wurde nur König, weil sein älterer Bruder abdanken musste. Dieser Edward VIII. zog es vor, die geschiedene Wallis Simpson zu heiraten. Das war damals noch nicht mit dem Amt des Oberhauptes der Anglikaner kompatibel.
George aber wurde ein guter König. Davon kann man sich im Film „The King's Speech“ überzeugen. Bertie, wie ihn enge Verwandte nannten, war schüchtern und hatte arge Sprachprobleme, die er couragiert mithilfe eines Logopäden linderte. Er war mit einer starken Frau verheiratet, der schottischen Lady Elizabeth Bowes-Lyon, die nach seinem Ableben noch ein halbes Jahrhundert als Queen Mum durchlebte. Ihre Ururenkelin würde man wohl Liz nennen.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.07.2013)