Wie lange ist der Legionärsbonus noch tragbar?

WM-Qualifikation: Österreichs Teamchef Marcel Koller wird seine Mannschaft gegen Irland nicht komplett umkrempeln.

Die deutliche Niederlage in München hat bei der österreichischen Nationalmannschaft Spuren hinterlassen. Deutschland aber ist schon wieder Geschichte, weil Irland vor der Türe steht und damit das erste echte Entscheidungsspiel. Teamchef Marcel Koller stärkt seiner Auswahl den Rücken, er will die Spieler wieder aufrichten, er hat gar keine andere Wahl. Schließlich hat der Schweizer die Kandidaten ausgewählt, jetzt muss er dazu stehen. Und will bis Dienstag auch keine Unruhe in die Mannschaft bringen.

Als Marcel Koller in Österreich seine Arbeit aufgenommen hat, da wusste er nicht genau, was ihn erwarten würde. Mit den Legionären ist er auch nicht schlecht gefahren, schließlich sind es in der Regel die besten Profis, die im Ausland einen Vertrag angeboten bekommen. Inzwischen aber wird der Schweizer wohl über den einen oder anderen nachdenken. Koller wird abwägen müssen, ob ein Legionär auch dann noch eine Berechtigung hat, erste Wahl zu sein, wenn er bei seinem Verein längst nicht mehr das bringt, was er eigentlich bringen sollte. Auch Spieler, die in der österreichischen Bundesliga und/oder im Europacup ihre Knochen hinhalten, könnten im Team wertvoll sein.

Es ist nicht davon auszugehen, dass Marcel Koller seine Elf komplett umkrempelt. Dabei sind in München genug Schwachpunkte ins Auge gefallen. Die Innenverteidigung ist nicht sehr beweglich, sie hat gegen quirlige Gegner ziemliche Probleme. Auch auf den Außenpositionen läuft es nicht rund. Christian Fuchs ist nicht mehr der Alte, er ist in der Defensive fehleranfällig, in der Offensive zu ungenau. Im Mittelfeld soll Mainz-Legionär Baumgartlinger, der gegen Deutschland gesperrt war, für Stabilität sorgen. Trifft sich nicht ungünstig, denn hinter Veli Kavlaks Einsatz steht weiterhin ein Fragezeichen.

Gegen die Iren sind Tore gefragt, das ist grundsätzlich auch Sinn und Zweck des Spiels. Aber an vorderster Front herrscht bei den Österreichern Ebbe. Und so landet auch Marcel Koller immer wieder bei Marc Janko. Der Türkei-Legionär hat sein letztes Pflichtspiel allerdings vor über drei Monaten bestritten – in der WM-Qualifikation beim Sieg über die Schweden.

Janko ist eine „Stoßspitze“, eine andere hat Koller nicht zur Verfügung. Am Dienstag gegen Irland soll er zum Einsatz kommen – zumindest als Joker. „Ob es für eine Berücksichtigung von Anfang an reicht, das entscheidet der Trainer.“ Er verspricht jedenfalls: „Ich werde meine Knochen in die Menge hauen und so lange laufen, wie mich meine Beine tragen.“

Marc Janko wirkt nicht betrübt, die Verletzung (Muskelbündelriss) ist ausgeheilt. Die Niederlage gegen Deutschland sieht er nicht so dramatisch. „Das ist kein Grund, Trübsal zu blasen. An der Ausgangslage hat sich nichts geändert.“ Da liegt er allerdings falsch – denn die Formkurve des Teams scheint ausgerechnet in der entscheidenden Phase nach unten zu zeigen.

wolfgang.wiederstein@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.09.2013)

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