Der Highway 61, der Katschberg und der amerikanische Stolz

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Bob Dylan lobt in einem Chrysler-Werbespot die amerikanische Autoindustrie. Ein österreichisches Schild kommt auch vor.

Wenn Dylanologen weltweit derzeit den Katschberg googeln und nachsehen, ob eine Bundes- oder Landesstraße mit der Nummer 61 über diesen Berg führt (Antwort: nein, nur die B99, und die A10 geht durch den Tunnel), liegt das daran: In einem Werbespot für Chrysler, der in der Pause des Super-Bowl-Finales gelaufen ist, sieht man – nach einer alten Straßentafel des von Bob Dylan 1965 besungenen Highway 61 – ein österreichisches Autobahn-Hinweisschild, dann einen Wegweiser nach Katschberg. Der Mann, der in diesem zweiminütigen Spot das Lob Amerikas und der amerikanischen Autoindustrie spricht, ist Dylan himself.

Bob Dylan als Testimonial: Ist das empörend? Ein Verrat an Idealen? Würde, wie ein Fan schrieb, dem „jungen Dylan“ schlecht werden, wenn er sähe, was der „alte Dylan“ macht?

Gemach. Abgesehen davon, dass Bob Dylan schon 1965 einen Song „From A Buick 6“ nannte – es ist nicht sein erster Werbespot. Er hat schon für Pepsi geworben (2009, mit „Forever Young“), für Apple (2006, mit „Someday Baby“), für Cadillac (2007, ohne Song, nur mit Sonnenbrille). Sein erster Auftritt in einem Spot – 2007, für die auf Reizwäsche spezialisierte Modefirma „Victoria's Secret“, mit „Love Sick“ – war sogar ein Selbstzitat: 1966 hatte er auf die Interviewfrage, für welches kommerzielle Produkt er sich verkaufen würde, mit „Women's garments“ geantwortet. Beim Super Bowl lief heuer sogar noch ein Spot, in dem zwar Dylan nicht persönlich vorkommt (sondern ein Bär), aber sein Song „I Want You“. Es geht um Joghurt, der Slogan könnte mit etwas Mühe als Anspielung auf Dylan-Texte („One More Cup Of Coffee“ + „The Times They Are a-Changin'“) verstanden werden: „A cup of Yoghurt won't change the world, but how we make it might.“

Und das dick aufgetragene Lob Amerikas im Chrysler-Spot? „You can't import the heart and soul of men working on the line (...) You won't find a match for the American road and the creatures that live on it (...) And when it's made here it's made with the one thing you can't import from anywhere else: American pride.“ Ist das nicht übertrieben patriotisch? Würde Dylan sich auch wie einst Janis Joplin einen Mercedes wünschen? Nun, er hat schon 1983 in „Union Sundown“ beklagt, dass immer mehr Industrieproduktion aus den USA in andere Länder verlagert werde: „This shirt I wear comes from the Philippines, and the car I drive is a chevrolet, it was put together in Argentina, by a man makin' thirty cents a day.“

Im Chrysler-Spot gibt er sich kompromissbereiter: „So let Germany brew your beer, let Switzerland make your watch, let Asia assemble your phone – we will build your car.“ Den letzten Satz sagt er, nachdem ihm ein Billard-Stoß gelungen ist, es folgt der Refrain des grundgrantigen Songs, dessen Thema schon die ganze Zeit angeklungen ist: „Things have changed“. Stolz und leiseste Ironie: eine feine Inszenierung.

Und das Tourismusbüro Katschberg hat sich auch gefreut.

E-Mails an: thomas.kramar@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2014)

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