Wenn Creditcard die Wildcard schlägt

Handball-WM: Katar ist die erste asiatische Mannschaft, die es in ein Halbfinale geschafft hat.

Der Handballsport an sich wäre schon brutal genug. Gegen den Gastgeber antreten zu müssen, das erschwert dann die Aufgabe ungemein. So hat es etwa Tunesien im Jahr 2005 dank des Heimvorteils bis ins Semifinale geschafft. Bei internationalen Turnieren wird die K.-o.-Phase stets zu einer heiklen Angelegenheit. Wenn eine Partie auf der Kippe steht, dann fällt sie leicht auf die Seite der Heimmannschaft. Das war übrigens bei der WM in Deutschland 2007 nicht viel anders. Das deutsche Team hat sich damals zum Champion gekürt.

Jetzt schreiben wir 2015, an den ungeschriebenen Spielregeln im Handball hat sich nichts geändert. Auch nicht in Katar. Das Land sehnt sich nach Erfolgen – egal, was es kostet. Dieses Gefühl wird man nicht los, zurück bleibt ein schaler Nachgeschmack. Die Österreicher haben im Achtelfinale schon ihre Erfahrungen mit der Katar-Truppe gemacht, auch mit der Schiedsrichterleistung gehadert. Vergeigt haben sie es selbst, in den letzten Minuten aber hatten sie keine Chance, weil sich alles gegen sie verschworen hatte. Auch die Referees. Die Regeln lassen viel Spielraum. Alles Auslegungssache. Vor allem bei Stürmerfouls. Beweisführung ausgeschlossen.

Nun hat es auch die deutsche Mannschaft erwischt. Sie war bei diesem Turnier noch unbesiegt – aber dann kam Katar. Und diese 24:26-Niederlage. Vieles erinnerte an das Schicksal der Österreicher. Die Spieler suchten die Fehler bei sich selbst. Und bei den Schiedsrichtern. „Jeder, der etwas von Handball versteht, hat gesehen, was abgelaufen ist“, sagt der deutsche Verbandsboss Bernhard Bauer. Torhüter Silvio Heinevetter formulierte seinen Frust mit folgenden Worten: „Man muss sich auf die Zunge beißen und aufpassen, was man sagt, solange man in diesem Land ist.“ Eine gelungene Verklausulierung. Creditcard schlägt Wildcard.

Die Katarer freuen sich nun aufs Halbfinale gegen Polen. Nur vier Handballer der Gastgeber sind in dem kleinen Staat am Persischen Golf geboren, der Rest wurde eingebürgert. Die umstrittene Weltauswahl kommt aus Nordafrika, dem Balkan und Südwesteuropa. Die Regeln beim Nationenwechsel sind verwirrend bzw. irritierend. Die Prämien jedenfalls fürstlich.

E-Mail an: wolfgang.wiederstein@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.01.2015)

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