Zu viele Köche, verdorbener Brei

Nur ein geeintes Fußball-Europa könnte Joseph Blatter vielleicht stürzen.

Die Frist ist abgelaufen, das Bewerbungsfenster zu. In der Nacht auf Freitag endete die Möglichkeit, sich auf einen nicht zu unterschätzenden Kraftakt beim Weltfußballverband Fifa einzulassen. Zunächst schien es, als ob sich gar kein ernst zu nehmender Kandidat finden würde, der es mit dem mächtigen Joseph Sepp Blatter aufnehmen wollte. Jetzt sind es vielleicht sogar zu viele.

Es ist ein Quintett, das Präsident werden will, das steht vorerst fest. Ob es dabei bleibt, ist fraglich. Weil noch viel zu viele Fragen offen sind. Vorerst wird jetzt einmal die Fifa-Ethikkommission den Leumund der Kandidaten prüfen. Anschließend prüft eine dreiköpfige Wahlkommission, ob die Bewerber während zweier Jahre in den letzten fünf Jahren eine aktive Rolle im Fußball gespielt haben. Entscheidend aber ist, ob sie die Unterstützung von mindestens fünf Mitgliedsverbänden mitbringen. Ein Ergebnis wird rund um den 8. Februar erwartet.

Der Tag der Wahrheit ist der 29. Mai. In Zürich wird der Fifa-Präsident beim Kongress gewählt. Stimmberechtigt sind die 209 Mitgliedsverbände, wobei Afrika 54 Stimmen hat, Europa 53, Asien 46, Nord- und Mittelamerika 35, Ozeanien elf und Südamerika zehn.

Die Fifa befindet sich in einer schweren Krise, sie ist vor allem unglaubwürdig geworden. Der größte Widerstand gegen eine neuerliche Regentschaft Blatters kommt aus Europa. Aber die Uefa war nicht in der Lage, einen wirklich starken Herausforderer zu finden. Erst im letzten Moment meldeten sich zwei Kandidaten. Der eine ist Luis Figo, der ehemalige Weltklassespieler, Weltfußballer und Gewinner der Champions League. Sein Antreten muss man ernst nehmen. Ebenso jenes des Präsidenten des niederländischen Verbandes, Michael van Praag. Der 67-Jährige hat zuletzt immer wieder die Missstände in der Fifa lautstark angeprangert.

Michel Platini, der Uefa-Präsident, hat zunächst den jordanischen Prinzen Ali Bin al-Hussein dazu gebracht, gegen Blatter in den Ring zu steigen. Der Franzose, der selbst die direkte Konfrontation mit Blatter tunlichst meidet, hat das sehr begrüßt. Der Fifa-Vizepräsident ist aber nun in eine eher missliche Lage geraten. Jetzt sind Figo und van Praag dazugekommen – und er selbst hat nicht einmal die Rückendeckung seiner eigenen Konföderation.

Als erster Bewerber hatte sich der langjährige Fifa-Funktionär Jerome Champagne gemeldet. Er dürfte aber vorzeitig scheitern, weil er die fünf Unterstützerstimmen nicht zusammengebracht haben soll. Gleiches gilt für den ehemaligen französischen Internationalen David Ginola. Er wird von einem Wettanbieter bezahlt, allerdings innerhalb der europäischen Fußballfamilie nicht sonderlich ernst genommen. Was hat Blatter also jetzt wirklich zu befürchten?

E-Mail an: wolfgang.wiederstein@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.