Comeback ohne Versteckspiel

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Bandion-Ortner könnte auch den Grasser-Prozess leiten. Theoretisch.

Ich gehe davon aus, dass jeder Bankdirektor weiß, dass man Geld nicht verschenken darf.“ – „Während Sie abgetanzt haben, Frau Rat, habe ich hart gearbeitet.“ Kernige Zitate wie diese prägten den von Juli 2007 bis Juli 2008 laufenden Bawag-Prozess. Die beiden Hauptdarsteller waren Richterin Claudia Bandion-Ortner und „ihr“ Angeklagter, Ex-Bawag-Chef Helmut Elsner. Für Bandion-Ortner, die in dieser Zeit als „Bawag-Richterin“ zu Prominenz kam, war bekanntlich ebendiese Tätigkeit Sprungbrett in die Politik, nach nur zwei Jahren und drei Monaten als Justizministerin folgten ein Job in der Laxenburger Anti-Korruptionsakademie und dann der vor Kurzem beendete, höchst umstrittene Posten als Vizegeneralsekretärin des saudiarabischen König-Abdullah-Dialogzentrums.

Schon bald – ein genaues Datum steht noch nicht fest, es könnte Anfang April sein – wird Bandion-Ortner wieder an ihre alte Wirkungsstätte, das Straflandesgericht Wien, zurückkehren. Entgegen kolportierten Meldungen wird die derzeit noch vom Dienst karenzierte Rückkehrerin eher nicht als Haft- und Rechtsschutzrichterin tätig – und damit, bösartig ausgedrückt, in einem farblosen Dienstzimmer vor der Öffentlichkeit versteckt werden. Vielmehr ist im Hinblick auf die aktuelle Personalverteilung im größten Strafgericht Österreichs (aktuell 85 Richter) damit zu rechnen, dass Bandion-Ortner ihr Gerichtssaal-Comeback geben wird.

Offiziell ist noch alles offen. Noch wartet der aus fünf Richtern bestehende Personalsenat ab, wann die Kollegin formell ihre Karenz für beendet erklärt. Dann entscheidet er über die Zuteilung. Landet Bandion-Ortner tatsächlich wieder in einer HV-Abteilung (Abteilung für Hauptverhandlungen), könnte die Ex-Politikerin auf pikante Konstellationen stoßen. Etwa diese: Bandion-Ortner als Vorsitzende im Buwog-Prozess um Karl-Heinz Grasser. Noch liegt gegen den Ex-Finanzminister (es gilt die Unschuldsvermutung) keine fertige Anklage vor, dennoch ist mit einer solchen und einem folgenden Prozess zu rechnen. Dieser würde dann von einer Richterin oder einem Richter der Wirtschaftsabteilung geleitet werden. Sollte also die Ex-Justizministerin ebendieser Abteilung zugeteilt werden und sie dann vom elektronischen Zufallsgenerator (die Justiz verwendet für die Zuteilungen eine eigene Software, niemand kann sich seinen Richter aussuchen) als Grasser-Richterin ausgewählt werden – ja, dann...

Freilich: Dies ist sehr unwahrscheinlich. Denn die Wirtschaftsabteilung ist so gut besetzt, dass der Personalsenat die Rückkehrerin wohl eher in eine allgemeine HV-Abteilung einreiht. Völlig ausgeschlossen ist es aber nicht. Natürlich gilt: Liegt in einem politisch heiklen Verfahren Befangenheit vor, kommt sowieso ein anderer Richter zum Zug.

E-Mails an:manfred.seeh@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.02.2015)

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