Bundesstarthilfe für Juraczka

Juraczka
Juraczka(c) Die Presse - Clemens Fabry
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Wie die ÖVP-Minister im Wiener Wahlkampf mitmischen.

Für das gesteigerte Interesse einiger ÖVP-Minister an der Politik Michael Häupls mag es zuletzt durchaus Anlässe (oder Lehrerwitze) gegeben haben. Dahinter steckt aber System, also eine Anordnung von Parteiobmann Reinhold Mitterlehner: Der Wiener Bürgermeister möge bei jeder Gelegenheit öffentlich kritisiert werden. Und zwar schon jetzt, nicht erst kurz vor der Wien-Wahl am 11. Oktober.

Würde man erst im Monat vor dem Wahltermin mit dem Häupl-Tadel beginnen, wäre das zu offensichtlich. Ein halbes Jahr davor aber könnte das Negative Campaigning gerade noch als Nichtwahlkampf durchgehen. Glaubt man zumindest in der ÖVP.

Dass sich Finanzminister Hans Jörg Schelling vor einigen Wochen kritisch über die mangelnde Umsetzung der Pensionsreform im Wiener Gemeindedienst äußerte, war ein gezieltes Manöver. Das glückte. Denn Häupl sah sich umgehend zum Kontern gezwungen: Das Wiener Pensionssystem gehe den Finanzminister nichts an. „Wenn Schelling in Wien Wahlkampf führen will, soll er kandidieren.“

Schelling will in Wien Wahlkampf führen, aber nicht für sich selbst, sondern für seinen Parteifreund Manfred Juraczka. Dasselbe werden auch die anderen ÖVP-Minister tun. Oder tun es bereits. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner hat in den vergangenen Wochen ziemlich viele Polizeidienststellen in Wien besucht. Demnächst werden auch Mitterlehner und Außenminister Sebastian Kurz an der Seite Juraczkas in Erscheinung treten.

Das Kalkül dahinter: Allein fehlt dem Wiener ÖVP-Obmann – im Gegensatz zu Häupl – das Gewicht, um prominent in den Medien vorzukommen. Deshalb sollen ihm nun die Bundeskollegen Starthilfe geben. Daneben zapfen die Regierungsmitglieder aus Wien – neben Kurz sind das Familienministerin Sophie Karmasin und Staatssekretär Harald Mahrer – ihre Netzwerke für Juraczka an. Etliche Veranstaltungen sind geplant, um den schwarzen Bürgermeisterkandidaten mit möglichst vielen bekannt zu machen.

Beginnen will man damit demnächst. Zumal die ÖVP auf einen Juniwahltermin eingestellt war, bevor es sich der Bürgermeister anders überlegte. Sprich: Die Vorbereitungen sind längst getroffen. Man könne jederzeit starten, heißt es aus der Partei.

Froh sind die Wiener Schwarzen über den neuen Bundesparteichef. Reinhold Mitterlehner hat die ÖVP gesellschaftspolitisch liberaler ausgerichtet und damit den Aufschwung der Neos gebremst. Unter Michael Spindelegger rückte die Volkspartei in Wien der Einstelligkeit gefährlich nah – was freilich nicht nur Spindeleggers Schuld war, aber zum Teil schon mit seiner Linie zu tun hatte. Mittlerweile ist man sicher, dass man die 14 Prozent aus dem Jahr 2010 zumindest wird halten können.

E-Mails an: thomas.prior@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.05.2015)

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