Auch Jesus würde heute wegen „übler Nachrede“ belangt

Geldmacherei warf ein israelischer Archäologe den Machern von „Das Jesus-Grab“ vor. Dafür muss er nun 150.000 Euro zahlen.

Für den „Titanic-“Macher James Cameron sind fast 200.000 Euro wohl keine allzu große Summe, für Joe Zias schon. Der pensionierte Mitarbeiter der israelischen Altertumsbehörde muss nach einem zweijährigen, in Jerusalem gegen ihn geführten Prozess über 150.000 Euro Strafe wegen angeblich übler Nachrede zahlen, außerdem mehrere hunderttausend Euro an Prozesskosten. Dabei haben wohl die allermeisten Archäologen beifällig genickt, als er sich mit dem kanadisch-israelischen Journalisten Simcha Jacobovici bzw. Hollywood-Filmemacher James Cameron anlegte. Angeblich soll er Jacobovici unter anderem „Bibel-Zuhälterei“ vorgeworfen haben.

Wer den von ihm inszenierten und von Cameron produzierten Film „Das Jesus-Grab“ („The Lost Tomb of Jesus“) kennt, müsste den Ärger des in Israel wohlbekannten Altertumsexperten Zias verstehen. Jacobovici und Cameron versuchten vor acht Jahren in ihrer Dokumentation „The Lost Tomb of Jesus“ glaubhaft zu machen, dass ein 1980 gefundenes Grab die letzte Ruhestätte von Jesus sei; und zwar nicht von irgendeinem Jesus (Männab es vor 2000 Jahren genug), sondern des Jeer dieses Namens gsus von Nazareth; und nicht nur dessen letzte Ruhestätte, sondern auch die seiner Familie, und, ja, seiner Frau Maria Magdalena. Als Beweis dienten die im Grab gefundenen zehn Knochenkästen, sogenannte Ossuarien, auf denen unter anderem folgende Namen eingraviert waren: Jesus, Sohn von Joseph, Joseph, Maria, Matthäus, Judas, Maria Magdalena.

Den israelischen Altertumsbehörden zufolge wurden die Inschriften auf den Knochenkästen freilich erst viel später eingeritzt und künstlich patiniert. Und selbst, wenn man das nicht glauben will, bleibt die Wahrscheinlichkeit, dass es sich hierbei um Jesu Familie handelt, bei der Häufigkeit, mit der diese Namen damals auftraten, unglaublich gering.

Trotzdem war der Film erfolgreich, und Jacobovici missioniert immer noch mit seiner Botschaft von den wiedergefundenen Jesus-Knochen (die auch bedeuten würden, dass Jesus nie leiblich auferstanden ist). Inzwischen hat er Schützenhilfe von einem israelischen Geologen erhalten. Arye Shimron hat das 2002 entdeckte Jakobus-Ossarium untersucht, dessen Herkunft umstritten ist, und behauptete vor wenigen Wochen, die geologischen Proben aus dem Knochengefäß und aus dem Grab würden einander entsprechen. Auf diesem Gefäß steht: „Jakobus, Sohn des Josef, Bruder des Jesus“.

Auch das würde schön passen – ein gewichtiges geschichtliches Indiz ist es trotzdem nicht. Oder nur, wenn man Geschichte so einsetzt wie Michael Baigent und Richard Leigh: als spannende Fundgrube, in der man umso mehr „findet“, je weniger man weiß. Ihr kurioses und nicht zuletzt deswegen unterhaltsames Buch „Der Heilige Gral und seine Erben“ hat nicht umsonst Dan Brown zu seinem Roman „Sakrileg“ inspiriert. Dass Jesus mit Maria Magdalena verheiratet war, wie es dort heißt, hat Brown nicht erfunden, die These ist alt. Wahrscheinlicher wird sie durch das angebliche Jesus-Grab freilich auch nicht.

Vorsichtig war der Archäologe Joe Zias sicher nicht, als er den „Jesus-Grab“-Regisseur attackierte; dass es diesem um Geldmacherei geht, kann man nicht beweisen. Dass das Talpiot-Grab das Grab Jesu ist, freilich noch weniger. So hinterlässt das Urteil den unangenehmen Eindruck: Ein falscher Ausdruck redlicher Empörung kostet ein Vermögen; auf die Gutgläubigkeit der Leute zu setzen, bringt eines.

Emails an: anne-catherine.simon@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.06.2015)

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