Als ein Teen-Idol einen Megakonzern in die Knie zwang

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Taylor Swift zwang Apple mit einem Tweet, seine Vertragsbedingungen zu ändern: Künstler auf Apple Music werden jetzt durchgehend bezahlt.

Da arbeitet Apple monatelang an einem neuen Musikstreamingdienst, verhandelt Verträge und entwickelt ein Geschäftsmodell... – Und dann kommt eine Popsängerin, und alles ist anders.

Vor zwei Wochen stellte der Megakonzern Apple sein neues Produkt Apple Music vor, mit dem er ins Streaminggeschäft einsteigt. Der Schritt ist nicht weiter verwunderlich: Während weltweit immer weniger Musik heruntergeladen wird, steigen die Streamingumsätze. Apple will sich ein Stück von diesem Kuchen sichern, bevor das Downloadgeschäft auf seiner Plattform iTunes ganz einbricht.

Anders als der Marktführer Spotify setzt Apple auf ein alleiniges, werbefreies Bezahlmodell: Für knapp zehn Dollar im Monat können Nutzer unbegrenzt Musik hören. Um Kunden zu gewinnen, lockt Apple mit einer dreimonatigen Gratis-Probezeit.

Während dieser drei Monate nimmt Apple kein Geld ein. Also werden wir auch nichts bezahlen, dürfte sich der Konzern gedacht haben, und erklärte, in dieser Zeit kein Geld an die Rechteinhaber auszuschütten. Die Künstler schrien auf, Branchenverbände und Musiklabels kritisierten den Plan scharf, aber Apple schien sich nicht beeindrucken zu lassen. Einer US-Band soll der Konzern gar damit gedroht haben, deren gesamte Musik aus dem iTunes-Store zu entfernen, sollte sie den Vertragsbedingungen nicht zustimmen.

Und dann kam Taylor Swift, 26 Jahre, sieben Grammys, knapp 60 Millionen Twitterfollower und eine ausgeprägte Skepsis gegenüber Streamingdiensten. In einem offenen Brief, den sie via Twitter verbreitete, erklärte die Sängerin, dass sie ihr Erfolgsalbum „1989“ wegen der unbezahlten Probezeit von Apple Music zurückhalte. Sie lobte Apple als fortschrittliche und großzügige Firma – umso schockierender sei es, dass sie Künstler nicht angemessen bezahle. Sie spreche nicht nur für sich, sondern für die vielen Künstler, die die Einnahmen dringend nötig haben und sich nicht „trauen, gegen die Firma aufzustehen, die wir alle so schätzen und bewundern“. Fast demütig schloss sie ihren Brief: „Wir verlangen keine Gratis-iPhones von euch. Bitte verlangt von uns nicht, unsere Musik gratis zur Verfügung zu stellen.“

Keine 17 Stunden später war Apple weich: Auf Twitter bestätigte Senior Vice President Eddy Cue, dass die Künstler „sogar“ während der Gratis-Probezeit für ihre Musik bezahlt würden. „Als ich heute Morgen aufgewacht bin und Taylors Brief gesehen habe, hat sich die Einsicht verfestigt, dass wir etwas ändern müssen“, sagte er. Und auf Twitter verlautbarte er: „Apple wird immer sicherstellen, dass Künstler bezahlt werden.“

Warum Apple überhaupt erwägen konnte, das nicht zu tun, erklärte er nicht. Zumal die Idee absurd ist: Die Probezeit ist eine reine Werbemaßnahme. Kann ein Fitnesscenter, das mit Gratis-Schnupperstunden wirbt, in dieser Zeit seine Trainer unbezahlt arbeiten lassen? Kann ein Café, das am Eröffnungstag gratis Kuchen ausgibt, sich weigern, die Zutaten dafür zu bezahlen?

Apple hat es jedenfalls versucht. „Sie haben uns zugehört“, freute sich Swift, als Apple auf ihre Kritik hin einlenkte. Ob sie ihr Album jetzt freigibt, ließ sie aber offen. Immerhin könnte sie es noch als Druckmittel brauchen: Im Netz wird sie gerade gebeten, allerlei Dinge durchzusetzen – von ganztägigem Frühstück bei McDonald's bis hin zu Frieden im Nahen Osten.

E-Mails an: katrin.nussmayr@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.06.2015)

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