Wie ein SPÖ-Politiker Rot-Blau in die Warteschleife schickte

Landtagspräsident Steier zögert die konstituierende Landtagssitzung im Burgenland hinaus. Aus persönlichen, nicht aus ideologischen Gründen.

Zwei Wörter reichen derzeit aus, um den Zustand des politischen Burgenlandes zu beschreiben: Es wartet. Darauf, dass es endlich losgehen kann mit dem Regieren und dem Opponieren, also mit Rot-Blau. Denn während der steirische Landtag dreieinhalb Wochen nach der Wahl längst angelobt ist, gibt es in Eisenstadt noch nicht einmal einen Termin für die konstituierende Sitzung.

Mit Ideologie hat das ausnahmsweise nichts zu tun, obwohl die SPÖ-Linke und der Wiener Bürgermeister, Michael Häupl,nach wie vor Einwände gegen Hans Niessls Pläne haben. Dieses Mal geht es um persönliche Befindlichkeiten. Landtagspräsident Gerhard Steier ist beleidigt oder verärgert oder beides, dass er durch den bisherigen SPÖ-Klubobmann, Christian Illedits,ersetzt werden soll. Niessl hat das im Alleingang entschieden. Und deshalb macht ihm Steier jetzt das Leben schwer. Kraft seines Amtes kann er die konstituierende Sitzung hinauszögern – bis zu acht Wochen nach der Wahl. In der SPÖ schließt man nicht mehr aus, dass Steier gewillt ist, diese Frist auszureizen. Regierung und Landtag würden dann erst Ende Juli angelobt.

Niessl soll gerade eher schlecht gelaunt sein und von Steier eine Erklärung verlangt haben. Doch der Noch-Präsident antwortete am Mittwoch mit einer neuen Provokation: Er sei „nicht der Wurlitzer von jemandem, wo man draufdrückt, und dann spielt man das runter“, sagte er dem ORF Burgenland. Es gebe einiges für die Sitzung vorzubereiten, unter anderem sei noch eine Expertise einzuholen. Zu welchem Thema, wollte er nicht verraten.

Man hat Niessl und Steier nie das beste Verhältnis nachgesagt. Von Konkurrenzkämpfen war die Rede. Aber abberufen wurde der Landtagspräsident auch deshalb, weil der Landeshauptmann sich und dem rot-blauen Start weiteren Gegenwind ersparen wollte. Steier nämlich musste sich in der Vorwoche vor Gericht verantworten. Er soll vor einigen Jahren, als Bürgermeister von Siegendorf, Schüler zum Schein angemeldet haben. Doch zur allgemeinen Überraschung in der pannonischen SPÖ wurde er freigesprochen.

Man darf gespannt sein, wie die Geschichte weitergeht. Denn Steier wird, wenn der Landtag dann eines Tages angelobt ist, einfacher Abgeordneter der SPÖ sein. Zuletzt ging sogar die Sorge um, dass er und Peter Rezar,der als Landesrat gehen muss, weil Norbert Darabosins Burgenland zurückkommt, womöglich gegen Rot-Blau stimmen. Und einige Kollegen beeinflussen. Dann könnte es nämlich knapp werden. 19 Mandate braucht es für eine Mehrheit im Landtag. Gemeinsam haben SPÖ und FPÖ 21.

Rezar hat das – trotz allem – für sich ausgeschlossen. Steier angeblich auch. Doch so sicher ist sich Niessl da nicht. Vorerst macht man im Burgenland weiter wie bisher: Man wartet.

Emails an: thomas.prior@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.06.2015)

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