Die widerspenstigen Hofberichterstatter

(c) Erwin Wodicka
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Was gescheiterte PR-Strategien und seriöser Journalismus miteinander zu tun haben.

In Ägypten ist vor ein paar Tagen ein TV-Journalist wegen „Nachrichten zum Schaden Ägyptens“ (was immer eine miese Militärdiktatur darunter versteht) zu einer mehrjährigen Haftstrafe verknackt worden. In China hat man einen Journalisten am Wochenende wegen „Beunruhigung der Börsen“ verhaftet. Angepasste Hofberichterstattung ist in solchen Ländern also so etwas wie journalistische Überlebensstrategie, um deren Einhaltung sich Machthaber nicht mehr kümmern müssen. Das erledigen die Gerichte.

In Österreich haben es da Mächtige oder solche, die sich dafür halten, schon wesentlich schwerer. Wie das hier läuft, hat am Wochenende dankenswerterweise das „Profil“ anhand von Verschlussdokumenten aus dem Hypo-Untersuchungsausschuss öffentlich gemacht.
Da hat also der damalige Hypo-Boss Gottwald Kranebitter (das ist jener Hypo-Chef, der um 250 Mio. Euro externe Beratungsleistungen zukaufen ließ, was darauf hindeutet, dass er selbst und seine Vorstandskollegen offenbar nicht die leiseste Ahnung hatten, was sie mit dem Werkel machen sollten) beim ersten PR-Spezialisten des Landes für 10.000 Euro im Monat „Hofberichterstattung“ bestellt.

Der hat sich auch redlich Mühe gegeben, alle Register gezogen, gebrieft und antichambriert. Aber leider: alles umsonst. Professionelle Medienbeobachter haben festgestellt, dass im betreffenden Zeitraum mehr als 99 Prozent der Hypo-Berichte negative Tendenz hatten. So groß war die Verzweiflung über den Fehlschlag der Strategie, dass ein So-gar-nicht-Hofberichterstatter in internen Mails etwas unelegant als „oberflächlicher Arsch“ bezeichnet wurde.

Wir danken an dieser Stelle dem Ex-Hypo-Boss und dem PR-Berater für die Verschriftlichung der Hofberichterstattungsstrategie („jedes Schriftl a Giftl“, haben die weisen Altvorderen gesagt) und dem Hypo-Ausschuss sowie dem „Profil“ dafür, dass dieses Zeitdokument der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde.

Die Empörung hält sich aber in Grenzen: Schließlich gibt es kein schöneres Kompliment, als auf diese Art bestätigt zu bekommen, dass man Hofberichterstattung im seriösen heimischen Wirtschaftsjournalismus nicht kaufen kann.

E-Mails an: josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.09.2015)

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