Wenn es die Finanzmarktaufsicht eilig hat

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Das Abberufungsverfahren der Meinl-Bank-Vorstände Peter Weinzierl und Günter Weiß verläuft kurios. Zum Lachen ist es dennoch nicht.

Noch vor einer Woche dachte Peter Weinzierl, Vorstand der Meinl Bank, er würde diese Tage am Bundesverwaltungsgericht (BVwG) verbringen. Dort sollte nämlich gerade mündlich darüber verhandelt werden, ob seine Abberufung und die von Günter Weiß als Geschäftsleiter der Meinl Bank tatsächlich zu Recht erfolgt ist. Auf diesem Standpunkt steht jedenfalls die Finanzmarktaufsicht (FMA). Sie forderte die Meinl Bank mit Bescheid von 24.7.15 auf, Weinzierl und Weiß binnen dreier Monate wegen Unzuverlässigkeit abzuberufen. Eine Frist, die kurz ist. Denn geeignete Kandidaten, die bereit sind, die Bank in dieser Krise zu leiten, und noch dazu von der FMA als fit und proper akzeptiert werden, laufen nicht in Scharen in der Gegend umher.

Doch die Situation entschärfte sich alsbald für die Bank. Das BVwG gab dem Antrag der Meinl-Anwälte statt, dem FMA-Bescheid aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Das kommt selten vor. Weinzierl hätte bleiben können, bis das BVwG über die Beschwerde der Meinl Bank entschieden hat.

Doch nun ist alles anders. Weinzierl muss in den nächsten vier Wochen seinen Chefsessel räumen, so will es ein neuer Bescheid der FMA. Diesen hat die Behörde blitzschnell erlassen, nachdem ihr das BVwG den Juli-Bescheid am vergangenen Donnerstag zurückgeschmissen hat. Das kommt nicht alle Tage vor: Verwaltungsgerichte sind nämlich nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs angehalten, inhaltlich zu entscheiden, und dürfen nur in Ausnahmefällen an die Behörde – hier die FMA – zurückverweisen. Etwa dann, wenn die Behörde die Ermittlungen völlig unterlassen hat. Den Eindruck dürfte das BVwG bekommen haben. In ihrem ersten Bescheid hatte die FMA nämlich argumentiert, die Vorstände seien abzuberufen, weil deren Zuverlässigkeit nicht gegeben sei. Nur am Rande erwähnte sie, dass sie auch für Geldwäsche anfällig sein könnten. Diese Coda blähte die FMA nur wenige Tage vor der Verhandlung zum zentralen Argument für die Abberufung auf. Das aber akzeptierte das BVwG nicht. Nachdem beim Gericht der Eindruck entstanden war, der Erstbescheid sei eigentlich auf Verdacht erlassen worden, hob es ihn auf und wies die FMA an, einen neuen, verbesserten Bescheid zu erlassen.

Kaum Zeit, sich zu wehren

Dass die FMA einen neuen Bescheid erlassen würde, damit rechneten sowohl die Meinl Bank als auch das BVwG. Dass die FMA so weit gehen würde, im neuen Bescheid eine Abberufungsfrist von nur vier Wochen vorzusehen, damit rechnete keiner.

Vier Wochen – so viel Zeit gewährt das Gesetz der betroffenen Partei, um ein Rechtsmittel einzubringen. Will die Meinl Bank zu verhindern versuchen, dass Weinzierl seinen Tisch räumen muss, darf sie sich für ihre Beschwerde gegen den 400 Seiten starken Bescheid und den Antrag auf aufschiebende Wirkung nur wenige Tage Zeit lassen. Denn nur so gibt es dem BVwG überhaupt die Möglichkeit, noch binnen vier Wochen zu entscheiden. Doch es ist kaum zu erwarten, das Gericht würde in einer derart komplexen Causa binnen der FMA-Frist entscheiden. Und damit ist Weinzierl Geschichte.

All das weiß die FMA natürlich. Ihr scheint es ein Anliegen zu sein, dass Weinzierl so schnell wie möglich das Feld räumt. Die Gründe dafür müssen gewichtig sein. Wie könnte eine Behörde sonst rechtfertigen, eine Partei derart einzuschränken, ihre rechtsstaatlich gewährleisteten Rechte wahrzunehmen? Wobei derzeit noch offen ist, weshalb die Gefahr im Verzug nun so groß ist. Denn auch im neuen Bescheid der FMA werden Weinzierl und seinem damaligen Kollegen Weiß ausschließlich Handlungen vorgeworfen, die schon lange Zeit zurückliegen.

E-Mails an: judith.hecht@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.11.2015)

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