Ist es wirklich egal, wenn Kindergärten mit ideologisch extrem aufgeladenen Begriffen benannt werden?
Die Stadt Wien habe keinen so rechten Überblick, was in den von ihr geförderten privaten Kindergärten geschieht, ist in obiger Geschichte zu lesen. Das dürfte sich nicht nur auf finanzielle Angelegenheiten beziehen.
Vorgestern hat beispielsweise der Kreditschutzverband AKV die Insolvenz eines islamischen Vereins gemeldet, der in Wien zwei Kindergärten und zwei Privatschulen unter dem Namen Al-Andalus betreibt.
Al-Andalus? Wie kommt ein ägyptischer Betreiber auf die Idee, seine Wiener Einrichtungen nach dem früheren islamischen Herrschaftsgebiet auf der Iberischen Halbinsel zu nennen? Sehnsucht nach Palmen und Meer?
Versuchen wir eine Annäherung: Al-Andalus war das erste und bisher einzige Kalifat auf europäischem Boden. Dessen Verlust im Rahmen der christlichen Reconquista ist ein Trauma, das die islamische Welt bis heute nicht so richtig weggesteckt hat. Die Wiedereroberung von al-Andalus gehört deshalb zur heiligen Pflicht jedes aufrechten Islamisten.
Der IS hat die Wiedereroberung von al-Andalus beispielsweise auf seine Fahnen geschrieben (und schon entsprechende Landkarten verbreitet). Der Radiosender der radikalislamistischen Terrormiliz al-Shabaab in Somalia heißt al-Andalus, von Marokko aus ruft ein Radiosender Muslime zum Jihad in al-Andalus auf.
Kurzum: Der Begriff ist in einschlägigen Kreisen extrem ideologisch aufgeladen und kann es als Islamistencode durchaus mit dem „88“ der Alt- und Jungnazis aufnehmen.
Und das fällt hier niemandem auf? Da schaut niemand genauer hin? Kann man jetzt vielleicht hingehen und für einen Kindergartenverein „Ostfront“ Förderung beantragen?
Kann natürlich sein, dass der pleitegegangene Verein nur zufällig Al-Andalus heißt und inhaltlich wirklich streng geprüft wurde. Wetten darauf sollte man aber vorsichtshalber nicht.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.01.2016)