Donald Trumps antisemitischer Internetmob

U.S. Republican presidential candidate Donald Trump speaks at a campaign rally in Sacramento
U.S. Republican presidential candidate Donald Trump speaks at a campaign rally in Sacramento(c) REUTERS (LUCY NICHOLSON)
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Jüdische Journalisten erhalten Morddrohungen und werden übel verhöhnt. Der republikanische Präsidentschaftskandidat tut so, als wäre nichts.

Es begann Ende April mit Julia Ioffe. Die Journalistin, deren jüdische Familie vor 26 Jahren aus der zerfallenden Sowjetunion in die USA ausgewandert war, hatte für das Magazin „GQ“ ein Profil von Melania Trump verfasst, der Gattin des republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump. Darin hatte sie einige Umstände aus der Lebensgeschichte des einstigen slowenischen Mannequins zutage gebracht, die Trump lieber verschwiegen sehen wollte – unter anderem den Umstand, dass Melania Trumps Vater in den Sechzigerjahren seine frühere Freundin zur Abtreibung ihres Sohnes zu nötigen versuchte. Donald Trumps Gattin hat also einen Halbbruder, den sie bisher zu ignorieren vermochte.

Für Trumps rechtsradikale Anhänger war die Jagdsaison eröffnet. Ioffe erhielt Morddrohungen, anonyme Anrufer spielten ihr Hitler-Reden vor, und auf Twitter kursierten Fotomontagen von ihrem Gesicht auf dem Leib einer KZ-Insassin. Der „Daily Stormer“, eine Website amerikanischer Rassisten, schrieb: „Kaiserin Melania von dreckiger Saujüdin Julia Ioffe in ,GQ‘ attackiert!“

Schnell häuften sich die Fälle. Jeffrey Goldberg, der renommierte Redakteur des Magazins „The Atlantic“, sah auf Twitter ebenso ein Sperrfeuer antisemitischer Hetze auf sich einprasseln wie Jonathan Weisman, der stellvertretende Leiter des Washingtoner Büros der „New York Times“. – Trump tut in dieser Angelegenheit das, was er stets tut, wenn seine eigenen Anfeindungen und Verhöhnungen von Minderheiten vom extremistischen Rand seiner Anhängerschaft ins Bedrohliche verstärkt wird: Er stellt sich unwissend. „Ach, davon weiß ich nichts. Sie meine Fans von mir? Ich habe keine Botschaft für meine Fans“, entgegnete er im CNN-Interview mit Wolf Blitzer (auch er ist Jude, auch er war antisemitisch attackiert worden).

Wäre es nicht so bedrohlich, könnte man dieses Phänomen ironisch finden. Trump wird nicht müde zu betonen, dass seine Tochter, Ivanka, einen Juden geheiratet hat. Allerdings ist seine Vorstellung von den Juden klischeebehaftet. „Ich mache tolle Deals – wie ihr alle“, sagte er bei einer Rede vor konservativen Juden. Versteckte Botschaften an Antisemiten sind ihm nicht fremd: „Ich bin viel schlauer als Jonathan Leibowitz – ich meine, Jon Stewart“, twitterte er 2013.

Trump ist der Traumkandidat der Alternative Right, einer Ende 2008 nach Barack Obamas Wahlsieg entstandenen Bewegung rechtsextremer Aktivisten, die vor allem Twitter für ihre Hetze nutzen. Sie machen jüdische und jüdisch klingende Namen erkenntlich, indem sie sie in Klammern markieren, also zum Beispiel (((Goldberg))). Damit wollen sie das Echo der angeblichen jüdischen Weltverschwörung sichtbar machen, welche sich durch die Geschichte ziehe.

Julia Ioffe jedenfalls fühlt sich an den Grund ihrer Emigration erinnert: „Wir haben Russland verlassen, weil wir vor dem Antisemitismus flohen“, sagte sie zum „Guardian“.

E-Mails an:´oliver.grimm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.06.2016)

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