Marginalie: Prölls Bahnen: Gemeinden, bitte zur Kasse

(c) APA (Helmut Fohringer)
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Niederösterreichs Gemeinden sollten sich darauf einstellen, für Nebenbahnen zahlen zu müssen.

Die Manieren im niederösterreichischen Landtag waren auch schon einmal besser: Die wichtigste Information der Aktuellen Stunde zur Zukunft der Nebenbahnstrecken des Landes fiel gestern – in einem Zwischenruf. Niemand geringerer als Landeshauptmann Erwin Pröll (VP) unterbrach mit der Mitteilung, dass jeder, „Privatperson, Institution oder Partei“ Strecken betreiben könne, wenn er ein entsprechende Angebot lege. Das Land, so Pröll, werde ihn dabei unterstützen.

Zur Erinnerung: Mitte Jänner hatten Infrastruktuministerin Doris Bures (SP), Pröll und die ÖBB-Führung das Ergebnis jahrelanger Verhandlungen zu den niederösterreichischen Nebenbahnstrecken präsentiert: Das Land übernimmt mit Beginn kommenden Jahres 28 Bahnstrecken, insgesamt rund 600 Kilometer Gleise, für 65Millionen Euro von den ÖBB. Bis zur Übergabe investieren Land, Bund und die ÖBB noch 140 Millionen Euro in die Sanierung der Strecken.

Seither denkt man im St. Pöltner Landhaus intensiv nach, was man mit den Strecken machen wird. Opposition und Bürgerinitiativen befürchten, das Land werde unrentable Strecken wie die Ybbstalbahn, die Mariazeller- oder Donauuferbahn abwürgen. Vom Land war bisher nur zu hören, man prüfe alle Möglichkeiten – eine Garantie, dass alle Strecken bestehen bleiben, wollte aber niemand geben.

Mit seinem Zwischenruf hat Pröll nun die Richtung vorgegeben: Wer möchte, dass Züge in die Peripherie fahren, wird selbst für deren Betrieb aufkommen müssen. Das können Vereine oder Unternehmen sein, prädestiniert für so eine Aufgabe sind aber die Gemeinden, die an die Strecken grenzen. An sie will sich Verkehrslandesrat Johann Heuras (VP) jetzt wenden, „um die beste Lösung für jede Strecke zu finden“, sagte er gestern im Landtag. Soll heißen: Das Land lotet die Bereitschaft der Gemeinden aus, Geld für die Bahnen in die Hand zu nehmen – gibt es die nicht, liegt der Schwarze Peter für eine eventuelle Einstellung bei ihnen.
Rechnungshof-Kritik an ÖBB: Seite 20

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.02.2010)

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