„Wow! Toll“ – „So richtig ,Wusch‘, wie du immer sagst“

Studenten haben das Staffel-Finale von „Germany's next Topmodel“ transkribiert – und daraus einen Klassiker angefertigt.

Es ist nur ein kleines Büchlein – dafür aber 120 Seiten stark: „Das ist der Tag, von dem ihr noch euern Enkelkindern erzählen werdet“, steht auf dem Einband. Es ist ein Heidi-Klum-Zitat, und auf den Cover kam es, weil zwei Studenten der HTW Berlin für das Seminar „Typografie und Layout“ ein Buch gestalten sollten. Auf der Suche nach dem passenden Text entschieden sie sich für das Finale der letzten Staffel von „Germany's next Topmodel“, jener Show, in der Kandidatinnen schon einmal Kakerlaken über sich krabbeln lassen, um dafür mit einem Modelvertrag belohnt zu werden. Oder um es mit Heidi Klum zu formulieren: „Manchmal muss man euch auch'n kleines bisschen trietzen.“

Gregor Weichbrodt und Grischa Stanjek haben für die Transkription viele Stunden gebraucht, haben die Show ein ums andere Mal angeschaut, auf dass ihnen kein Zwischenruf aus dem Publikum, kein Superlativ, kein verzückter Schrei entgehen möge. Und von verzückten Schreien gibt es eine Menge: „Wow! Toll!“, sagt ein Juror. „So richtig so ,Wusch', wie du immer sagst!“, kontert Heidi: „Bääam! Guck dir diese Hüften an!“

Laut Jean Paul ist der Witz ein Priester, der jedes Paar traut. Und je schlechter sie zusammenpassen, desto lieber! Das Erhabene trifft im Witz auf das Niedere, der Augenblick auf die Ewigkeit, Dreck trifft auf Gold. Nun gibt es ja schon Klum-Parodien genug, jeder zweite Maturaball hat eine in petto, meist von einem Riesen-Lackel mit blonder Perücke präsentiert. Aber sie alle machen, um bei Jean Paul zu bleiben, den gleichen Fehler: Sie verheiraten Trash mit noch mehr Trash.

Die beiden Studenten für Kommunikationsdesign wählten den gegensätzlichen Weg: Hier präsentiert sich das Niedere im Gewand des Erhabenen, hier wird der TV-Junk auf die Ebene der Klassik gehoben. Das Büchlein hat genau Reclam-Format und ist auch so hübsch gelb wie all die Schillers und Goethes in den Bücherregalen wahrer Literaturfreunde. Es gibt ein eigenes Personenregister, „Aufzüge“ und sogar einen „Erzähler“, wo die Show nur einen schnöden Moderator kennt. Dem Ganzen ist ein Shakespeare-Zitat vorangestellt: „All the world is a stage.“ Und dann? „Du, Thomas“ – „Ja, Thomas?“ – „Du, sag mal, bist du auch schon so aufgeregt?“ Und die Heidi sagt auf jeder dritten Seite: „Nur eine kann Germany's next Topmodel werden.“

Derzeit gibt es das Buch im Netz – und in zwei Kopien. Eine besitzt die Universität – die Arbeit wurde übrigens „mit sehr gut bewertet“ – die zweite die Studenten selbst. Aber das soll nicht so bleiben. Auf ihrer Homepage (www.ggor.de) suchen sie Freiwillige, die sie in „Veröffentlichungsrecht, Mediengesetz, Verlagswesen“ beraten. In puncto Übertreibungen haben sie sich jedenfalls schon etwas von Heidi Klum abgeschaut: „Wir wären zu tausend Dank verpflichtet!“, schreiben sie.

E-Mails: bettina.eibel-steiner@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.12.2011)

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