Homosexueller Pfarrgemeinderat? Schönborn in Entscheidungsnot

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BISCHOFSKONFERENZ IM STIFT HEILIGENKREUZ(c) APA/ROBERT JAEGER (Robert Jaeger)
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Die Wahl in Stützenhofen, der kleinsten Gemeinde der Erzdiözese Wien, führt in ganz Österreich zu einmal mehr, dann wieder weniger sachlichen Diskussionen.

„Schlimme Abirrung“, „Verstoß gegen das natürliche Gesetz“, „in keinem Fall zu billigen“ – mit diesen Worten bezeichnet der geltende Katechismus der katholischen Kirche homosexuelle Handlungen. Gleichzeitig sei Homosexuellen „mit Achtung, Mitgefühl und Takt zu begegnen“, wie es wörtlich heißt. Aber der Katechismus stellt auch fest: „Homosexuelle Menschen sind zur Keuschheit gerufen.“

Erstellt wurde der 1992 veröffentlichte Katechismus von einer hochrangigen Kommission. Leiter war ein gewisser Joseph Ratzinger. Sein Sekretär ein Dogmatikprofessor, der Weihbischof und später Kardinal werden sollte: Christoph Schönborn. Als Wiener Erzbischof hat eben dieser Christoph Schönborn nun ein ziemliches Problem mit einem Homosexuellen. Genauer: mit einem Homosexuellen in einem Kirchenchor. Noch genauer (denn beides wäre für sich ja noch kein Problem): mit einem Homosexuellen, der – gewiss, mit einem Mann – in einer eingetragenen Partnerschaft lebt und als Pfarrgemeinderat gewählt wurde.

Weshalb das nun ein Problem sein soll? Weil Punkt IV der Pfarrgemeinderatsordnung ausführt, welche Voraussetzungen Kandidaten zu erfüllen haben: Sie müssten sich „zur Glaubenslehre und Ordnung der Kirche bekennen“, wird hier unter anderem angeführt. Dieses Problem hat Schönborn bis ins Kärntner Jauntal verfolgt, wo er gestern, Donnerstag, die Frühjahrstagung der österreichischen Bischofskonferenz beendet hat. Und auch heute, Freitag, wird der Kardinal bei der Abschlusspressekonferenz wohl kaum um Fragen rund um die Causa herumkommen. Stützenhofen, ein Nest im niederösterreichischen Weinviertel zwischen Poysdorf und Drasenhofen, ist plötzlich interessant geworden.

So interessant, dass Pfarrer Gerhard Swierzek eigentlich gar nichts mehr sagen will. Um dann doch festzuhalten: „Es hat große Versäumnisse bei der Vorbereitung der Wahl gegeben. Es sieht so aus, dass der Wahlleiter die Einverständniserklärung zur Kandidatur nicht unterschreiben ließ.“ Auf dieser Einverständniserklärung findet sich der Hinweis auf das Bekenntnis zu Ordnung und Glaubenslehre der Kirche.

Dabei wurde der Passus schon entschärft. Noch bis 2006 waren auch Geschiedene, die staatlich noch einmal geheiratet haben, von der Kandidatur in den Pfarrgemeinderat ausgeschlossen (außer natürlich die Ehe wurde kirchlich annulliert). Hier haken Kritiker eines Ausschlusses von Homosexuellen ein: Wie Geschiedenen sollte auch diesen die Mitarbeit im Pfarrgemeinderat ermöglicht werden. Schon 1998 hatte es beim legendären Delegiertentag im Rahmen des „Dialogs für Österreich“ eine breite Mehrheit für das Einladen Homosexueller zur Teilnahme am kirchlichen Leben gegeben.

Schönborn ist in einer Lose-lose-Situation: Lässt er die Wahl zu, missachtet er seine eigene Pfarrgemeinderatsordnung, gegen die offenbar verstoßen wurde (so waren auch sechs Pfarrgemeinderäte zu „wählen“ – bei sechs Kandidaten). Lässt er die Wahl nicht zu, wird er der Unbarmherzigkeit geziehen werden. Nun will er ein Gespräch mit dem Betroffenen führen. Vielleicht verzichtet der ja.

dietmar.neuwirth@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.03.2012)

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